Thursday, September 14, 2006

Buchbesprechung: Pedro A. Sanjuan: Die UN-Gang

Karl Pfeifer
Pedro A. Sanjuan: Die UN-Gang. Über Korruption, Spionage, Antisemitismus, Inkompetenz und islamischen Extremismus in der Zentrale der Vereinten Nationen. Erfahrungsbericht eines Insiders.Zu Klampen Verlag, 2006, gebunden, 207 Seiten, ISBN 3-934920-92
Pedro A. Sanjuan, der nach jahrzehntelanger Tätigkeit in gehobenen Positionen der USA-Regierung, 1984 zum Direktor für Politische Angelegenheiten der UNO in New York ernannt wurde und dort mehr als zehn Jahre beschäftigt war,beschreibt diese Institution als einen unkontrollierbaren Sumpf, in dem die sowjetischen Angestellten ungehindert vom Gastgeberland Spionage betrieben, in dem Schlendrian und Inkompetenz noch die kleinsten Fehler waren und sind.Der Autor schildert den Alltag, der damit beginnt, dass die führenden Angestellten sich Freiheiten nehmen, die anderswo undenkbar wären. Pedro A. Sanjuan beschreibt die UNO als einen Hort des Nepotismus, der Korruption, des Drogen- und Waffenhandels, und das ist noch immer nicht alles.Im Sommer 1978 gab Kreisky dem Journalisten James Dorsay für die holländische Zeitung Trouw ein Interview und sagte u.a.: "Sie haben einen Mangel an Subtilität in der Politik. Sie machen sich bei den Vereinten Nationen unbeliebt. Die verhasstesten Diplomaten sind heute die israelischen Diplomaten. Es ist unvorstellbar. Sie brauchen noch hundert Jahre. Sie sind genauso übel wie die Afrikaner, die auch unerträgliche Menschen sind..."Wahrscheinlich hatte Kreisky seine diesbezüglichen Informationen von Kurt Waldheim bezogen, für dessen Aufstieg bei der UNO er sich in die Bresche schlug. Bekanntlich weigerte sich Kurt Waldheim als Generalsekretär der UNO während eines Besuches in Jerusalem in der Synagoge von Yad va Shem eine Kopfbedeckung aufzusetzen. Kurt Waldheim - so der Autor- ließ auch das einzig bemerkenswerte Kunstwerk im Sekretariatsgebäude, ein herrliches Glasfenster von Mark Chagall, das den Personaleingang schmückte, vom meistbenutzten Durchgang in der New Yorker UN- Zentrale in eine düstere "Kapelle" in der Nähe des Besuchereingangs verbannen, wo es "gut geschützt" ist von neugierigen Blicken. "Das war eine teure Aktion, aber der damalige Generalsekretär Waldheim, der unbelehrbare Kriegsverbrecher, wollte das Werk eines jüdischen Malers nicht so prominent ausgestellt haben. Ein jüdisches Motiv ? das war nach seinem Empfinden nichts für die Vereinten Nationen. In der Tat. Aber das Chagall-Fenster war genauso wenig ein jüdisches Motiv, wie Beethovens Fünfte eine deutsche Symphonie ist."Der Autor beschreibt, wie Kurt Waldheim als Bundespräsident der Republik Österreich mit Einreiseverbot in die USA belegt wurde. Er behauptet, Waldheim hätte auf Befehl der Wehrmachtsführung britische Kriegsgefangene hinrichten lassen. "Es wäre ein sehr gewagter Schritt gewesen, das Staatsoberhaupt eines befreundeten Landes zur unerwünschten Person zu erklären, hätte es nicht in amerikanischen Tresoren hinreichende Belege für das gegeben, was sich in den UN-Akten fand."Tatsächlich hätte der von Sanjuan als "krypto-nationalsozialistisch" bezeichnete Waldheim Einspruch einlegen können gegen dieses Einreiseverbot. Das hätte die USA-Regierung gezwungen, die Dokumente in ihrer Hand freizugeben und wenn die Angaben von Dr. Waldheim - der ja nicht immer unbedingt die Wahrheit sagte - gestimmt hätten, dann wäre er glänzend rehabilitiert gewesen. Doch es war anscheinend unter der Würde des österreichischen Staatsoberhauptes, die Wahrheit zum Licht kommen zu lassen. Auch die Bemühungen - seiner früheren Protokollchefin - der so geschickten wie intelligenten Diplomatin Benita Ferrero-Waldner, das Verbot aufzuheben, halfen da nichts.Über den späteren finnischen Staatschef Martii Ahtisaari bemerkt der Autor, dass er ganz unter dem Einfluss der sowjetischen Seite stand. Ahtisaari erlaubte sich an den Autor die unverschämte und dumme Frage zu richten: "Wie kommt es, dass sie in Washington so viele Senatoren kennen und dass Sie sich ständig mit ihnen treffen?"Sanjuan antwortete entsprechend und gab Ahtisaari, der damals als Verwaltungschef der UNO fungierte, den guten Rat, "auf den Positionen, die im UN-Sekretariat Israel zustehen, Israelis" einzustellen. Athisaaris Antwort: "Israel ist nur deshalb UN-Mitglied, weil es von Ihrem Land unterstützt wird. Für mich hat es noch weniger Legitimität als die PLO, und die PLO hat nur Beobachterstatus!"Der 1931 in Spanien geborene Sanjuan flüchtete mit seinen Eltern während des Bürgerkriegs. Als ihn bei seinem Antrittsbesuch bei Generalsekretär Javier Perez de Cuellar - der peruanische Diplomat, der sich als Aristokrat ausgab - dieser fragte, wieso er zu dem Namen eines Heiligen kam, antwortete Sanjuan, "es könnte sein, dass einer meiner Vorfahren irgendwann Ende des 15. Jahrhunderts in Spanien den Namen Sanjuan angenommen hat, als er vom Judentum zum Christentum übergetreten ist - als ein Zeichen für seine aufrichtige Bekehrung oder so ähnlich, wie mein Vater immer vermutet hat."Mehr hat der Autor nicht sagen brauchen, immer wieder wurde er gefragt ob er Jude sei und auch oft persönlich mit Antisemitismus konfrontiert. Nicht nur Javier Perez wird von ihm als ein unbelehrbarer und unverbesserlicher Antisemit beschrieben. In der UNO herrschte offen ein antisemitisches und natürlich auch antiisraelisches Klima, das von Sanjuan mit aller Deutlichkeit dokumentiert wird."Dieser Antisemitismus grassierte bei den Vereinten Nationen intern, während nach außen hin europäische Länder wie Deutschland, Frankreich, Schweden, Polen, Italien, Ungarn, Österreich oder Rumänien alljährlich in offiziellen Gedenkveranstaltungen und Kundgebungen ihre Krokodilstränen über den Holocaust vergossen."Freilich bemerkt er relativierend, dass ja auch das State Department noch "selbst in den frühen sechziger Jahren in seinem Europabüro keine Juden gehabt [hat], um die europäische Klientel nicht zu brüskieren."Pedro A. Sanjuan macht seinen Standpunkt diesbezüglich kristallklar. Er ist "keineswegs der Ansicht, dass die Bekämpfung des Antisemitismus ausschließlich Sache der Juden ist. Der Antisemitismus floriert auch in ihrer Abwesenheit. Mehr noch, antisemitische Gefühle werden nur selten in ihrer Anwesenheit zum Ausdruck gebracht. Da Juden alles andere als allgegenwärtig sind, müssen andere an ihrer Stelle präsent sein und den Kampf für sie führen."Tatsächlich dokumentiert der Autor den oft erschreckenden manchmal grotesken alltäglichen Antisemitismus in der UNO, der im krassen Widerspruch zu den deklarierten Prinzipien dieser Institution steht.Das amüsant geschriebene Buch beinhaltet Szenen umwerfender Komik und Realsatire, die verdienten verfilmt beziehungsweise auf eine Bühne gebracht zu werden. Das Buch ist ein Augenöffner, es verdeutlicht die Gründe, weshalb diese Organisation immer wieder scheitert, ja scheitern muss. Freilich für die Menschen, die von der UNO Hilfe beziehungsweise die Lösung ihrer Probleme erwarten, ist der beschriebene Sachverhalt tragisch.
"die jüdische"

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