Tuesday, August 26, 2014

CDU-Vize Laschet plädiert für antidjihadistische Allianz mit Russland

„So hallte es schon 2013 in syrischen Gassen, wenn islamistische Oppositionelle Gebiete gegen die Regierung Assad erkämpft hatten: 'Christen nach Beirut, Alawiten ins Grab.' Die Regierung Assad in Syrien war und ist ein autoritärer Staat, aber er war gekennzeichnet von religiöser Vielfalt, in dem Christen, Schiiten, Alawiten und Juden Luft zum Atmen hatten. Die christlichen Kirchen haben dies immer wieder verzweifelt der Weltgemeinschaft zugerufen, aber der Westen (…) hatte sich zum Ziel gesetzt, am Sturz Assads mitzuwirken.

Wen interessierten die Warnungen des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, der immer wieder von dem wachsenden Einfluss dschihadistischer Kräfte in der syrischen Opposition warnte? Wen interessierte, dass der UN-Sonderberater zur Prävention von Völkermord, Adama Dieng, vor einem Genozid an Christen und Muslimen warnte, wenn die Regierung Assad stürzt? Wen interessierten die Warnungen Russlands vor extremistischen Kämpfern, die bereits in Tschetschenien ein Kalifat errichten wollten?

Wäre Assad gestürzt – so wie es der britische Premierminister Cameron sogar durch Luftschläge erzwingen wollte, die erst durch ein klares Nein des britischen Unterhauses unterblieben -, so würde Isis heute in Damaskus sitzen, unweit der Grenze zu Israel.

Leider ist alles schlimmer gekommen als die schlimmsten Befürchtungen des Jahres 2013. Der Konflikt verläuft nicht mehr nur national, sondern international. Eine geographische Neuordnung der Region wird vom 'Islamischen Staat' mit bestialischer Gewalt angestrebt. Die alten Grenzen zwischen Syrien und Irak von 1920 wurden durch neue konfessionelle Grenzen des Kalifat-Staates ersetzt. Gut die Hälfte der Gebiete Syriens und ein Drittel des irakischen Staatsgebietes sollen nun Teil des selbsternannten 'Kalifats' werden.

Dabei konnte man bereits an jedem Ort in Syrien, den Assad nicht mehr beherrschte, die brutale Einführung der Scharia und die Vertreibung und Tötung von Andersgläubigen beobachten. Die auf Videos zur Schau gestellte Hinrichtung des amerikanischen Journalisten James Foley war nicht der erste Akt dieser Art.

(…)

Was können wir lernen? Wir sollten mehr als bisher den Versuch unternehmen vorzudenken. Auch in der aktuellen Situation: Wäre eine gemeinsame Strategie für unsere Politik in der Region des Nahen und Mittleren Ostens nicht auch eine Chance für einen Neuanfang mit Russland? In der Bekämpfung der Dschihadisten könnte eine neue Partnerschaft entstehen zwischen der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Staaten. Wir haben hier gemeinsame Interessen. Und im Gegensatz zu Gruppierungen wie dem 'Islamischen Staat' verbinden uns auch gemeinsame Werte.

Wir brauchen mehr als kurzfristige Waffenlieferungen an Kurden und Militärschläge gegen den 'Islamischen Staat'. (...) Allzu viele Möglichkeiten zur Rettung der religiösen Vielfalt in der Region wird es nicht mehr geben. Fast wäre es den Dschihadisten gelungen, die Aramäer, die noch die Sprache Jesu sprechen, zu vernichten.

Eine differenziertere Sicht auf den syrischen Bürgerkrieg und etwas weniger wohlfeile Rhetorik - man denke an den 'Arabischen Frühling' täte der deutschen und der europäischen Außenpolitik ebenso gut wie die Konzentration auf die größte Bedrohung für Frieden und Freiheit in der Welt: die fundamentalistischen dschihadistischen Kämpfer.“

(Armin Laschet, Der "Islamische Staat" würde heute in Damaskus sitzen", FAZ, Nr. 197, 26.8.2014, S. 8)
danielleonschikora

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