Sunday, May 17, 2015

Make scones not stones: Milibands Mühlstein ist wieder aufgetaucht!

 When the plan failed, the ‘Edstone’ was arranged as a compromise and unveiled in Hastings the weekend before the General Election. After it was clear that the stunt had backfired, a truck with a giant claw came to collect the 50-stone slab and it remained hidden for the rest of the campaign
Pic:  dailymail

von Gerrit Liskow

Dies ist die Geschichte eines Steins. Sie handelt vom absurdesten Eigentor des zurückliegenden Wahlkampfs im Vereinigten Königreich: nämlich Ed Milibands Stein der Wahlkampfversprechen.
Das war eine knapp zwei Meter große „Polit“-Skulptur aus Gussbeton mit den sechs zentralen Wahlversprechen der britischen Sozialdemokratie. Ihre Enthüllung auf einem Parkplatz in Hastings vor einem Publikum von zehn Labour-Wählern und halb so vielen Reportern stellte die spektakuläre Antiklimax im Schlusssprint des Labour-Wahlkampfs dar.
Spätestens in diesem Moment hätte klar sein müssen, dass die britische Sozialdemokratie in der Wahlnacht eine schmerzhafte Bauchlandung erleben wird. Doch umnebelt von irreal guten Umfrageergebnissen und einem hagiographischen Staatsfunk wollte und konnte niemand ahnen, was Labour mit Mr Milibands Mühlstein in Wahrheit in die Welt gesetzt hatte: das Präludium zum schlechtesten Labour-Ergebnis, seit Mrs T. im Jahr 1987 Neil Kinnock daran erinnern musste, wo der Zimmermann das Loch gelassen hatte.
Zurück zum Jahr 2015: Ein torschlusspanischer Parteivorsitzender und Spitzenkandidat namens Ed zaubert, anscheinend auf Anraten seines Chef-Strategen Torsten Henricson-Bell, kein Kaninchen, sondern jenen Stein des Anstoßes aus dem Hut, an dem er sich dann selbst versenkt. Das Unglück nimmt seinen Lauf.
Schon bald hat das Ding seinen Spitznamen weg: Ed Stone, ein Wortspiel aus Mr Milibands Vornamen und der Vokabel für Grabstein, „head stone“. Vor allem, wenn man „head stone“ umgangssprachlich betont…
Es ist noch immer nicht genau klar, wie wahnhaft verblendet eine „politische“ Partei sein muss um die Stimmungslage in der Bevölkerung dermaßen von Grund auf falsch zu verstehen, obwohl sie ostentativ betont, dass sie zuhört; Dan Hodges macht im Spectator einige für ihn überraschend realistische, vor allem aber erfrischend indiskrete Gründe publik.
Doch zurück zum Ed Stone. Es dauerte ein gefühltes Lichtjahr der Fassungslosigkeit, dann lag die halbe Nation vor Jauchzen unter den Tischen. Der Spott riss nicht ab und schon vor dem Lunch schmerzte dem Kommentariat der Bauch vom Lachen. Natürlich machte bald die erste Moses-Anspielung die Runde: „Alles lief super für Ed. Dann vernahm er eine Stimme und die sprach, er solle eine Steintafel anfertigen.
Wenig später verwandelte jemand Ed Stone in einen zu groß geratenen Einkaufszettel und ersetzte Labours vollmundige Wahlversprechen durch Mr Milibands private Überlegungen zu den eher prosaischen Fragen des Alltags: „Nachsehen, ob genug Klopapier da ist“.
Simultan fiel den ersten Filmfans auf, dass Labours Grabstein eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem ominösen schwarzen Objekt aus Stanley Kubricks „Space Odyssey“ hatte. Ja, liebe Leserinnen und Leser: der Klotz, um den sich im Film die ersten Menschen scharen…
Auch über Mittag rissen der Twitter-Spott nicht ab, während die Parteisoldaten im Labour Hauptquartier unter Gewaltanwendung davon abgehalten werden mussten, sich die Pulsadern aufzuschneiden angesichts der neuerlichen bodenlosen Peinlichkeit, in der ihre Kampagne zu versinken drohte - ausgerechnet auf der Zielgeraden!
Geplant und wortreich angekündigt war immerhin vom Kandidaten auf diesem vermaledeiten Parkplatz in Hastings, dass die sozialdemokratischen „Sechs Gebote“, nach seiner selbstverständlich siegreich vollzogenen Kür zum Premierminister, ihren Dauerstandort im Rosengarten der Nummer Zehn, Downing Street, finden würden; damit der vermeintliche Amtsinhaber in spe sich zu jeder tag- und nachtschlafenden Stunde daran erinnert, was er der britischen Nation in die Hand versprochen hat.
Aber Pustekuchen, daraus wurde nichts: Zum einen aus den eingangs erwähnten Gründen (schlechtestes Wahlergebnis seit 1987). Zum anderen, weil der Stein des Anstoßes schon am nächsten Morgen verschwunden war - hatte Ed Stone sich etwa über Nacht in Wohlgefallen aufgelöst? Wie ein böser Spuk aus einem schlechten Traum, der Labour jetzt im Schlaf besucht?
Wieder lief auf Twitter die Gerüchtemühle heiß. Vorwitzige Photoshoper präsentierten Ed Stone als neueste Errungenschaft im Hause Miliband: ein neues Frühstückstischen für die Designer-Küche im exklusiven Islington? Voilà, très chique!
Eher merkantil veranlagte Briten versteigerten unter der Beschreibung „Ed Stone, ca. 1,68, mit flapsigen Sprüchen, unbenutzt, nicht länger benötigt“ etwas, das dem politischen Grabstein des Kandidaten zum Verwechseln ähnlich sah; die Versteigerung erzielte tatsächlich über 2.000 Pfund (knapp 3.000 Euro).
Nachdem Labour einen halben Tag (und vermutlich eine ganze Nacht) nichts als Pech hatte, kam schließlich auch noch Unglück hinzu: in Form von Lucy Powell. Das selbsternannte PR-Juwel aus dem Labour Hauptquartier stellte in einem für sie  typischen Radio-Interview völlig unaufgefordert klar, dass die Partei ihre in Gussbeton gemeißelten Versprechen nach dem natürlich völlig selbstverständlichen Wahlsieg werde brechen müssen; weil Geld eben doch nicht auf Bäumen wächst. Na wer hätte das gedacht? Hätte man Ed Stone wohl doch besser aus Weingummi produziert…
Dann war eine Weile Ruhe im Karton: David Cameron gewann die Wahl, Ed Miliband trat zurück, und inzwischen hat auch der aussichtsreichste Kandidat bereits das Handtuch geschmissen. Labour wird von einer Vorsitzenden mit dem Charme einer stalinistischen Heckenschützin kommissarisch geleitet; und wer Harriet Harman kennt, weiß, dass „kommissarisch“ noch diplomatisch ausgedrückt ist.
Nun sieht es so aus, als würde der Ed Stone nicht im Rosengarten aufgestellt, sondern als würden seine Bruchstücke als Gehwegplatten einem nützlichen Zweck zugeführt und damit der Gartenweg am Amtssitz des Premiers gepflastert; denn selbst, als Ed und Justine (ohne die Kinder) pünktlich zu Eds erstem Tag als Right Honourable Gentleman (also als MP) zu einem unverdienten, aber anscheinend bitter nötigen Urlaub auf Ibiza eintrudelten, hatte der Spott noch immer kein Ende.
Ed Stone hat Labour, bzw. deren Gönner und Förderer, Len McCluskey von der Gewerkschaft „Unite“, nach Meinung von Experten circa 30.000 Pfund (über 40.000 Euro) gekostet. Ja, dafür muss die sprichwörtliche alte Frau lange stricken. Labour hat diese Investition in eins der absurdesten Eigentore der letzten Jahrzehnte verwandelt: in eine Peinlichkeit aus der Preisklasse jenes Gordon Browns, der eine Labour-Wählerin hinter ihrem Rücken aber vor laufenden Kameras als Heuchlerin beschimpfte.
Das war der Augenblick, in dem Gordon Browns Aussicht auf eine zweite Amtszeit live und in Farbe in den Fluten versank. Das politische Ende von Ed Miliband hingegen vollzog sich unter schallendem Gelächter hinter seinem Rücken, während er auf einem Parkplatz vor irgendeinem sozialen Wohnungsbau stand, auf den ihn seine Partei beordert hatte um Labours vorläufigen Grabstein zu enthüllen.
Der Ed Stone ist jetzt sicher unter Verschluss; in einem Londoner Fachbetrieb für die Einlagerung von Steinplastiken aller Art, der ironischerweise einem überzeugten britischen Konservativen gehört. Der Geist des Ed Stones wird Labour auf Jahre verfolgen und manchen Kandidaten den Schlaf rauben.
Uns hingegen kann der politische Fall-out des Ed Stones amüsieren. Solange sich die britische Sozialdemokratie bemüht, ihre „Sechs Gebote“ zu recyceln, wird jeder sich fragen, ob das in Stein gemeißelt ist – oder nur in Gussbeton. Je mehr man sich ändert, desto mehr bleibt man sich gleich, liebe SozialdemokratInnen. Oder wie man in Frankreich sagt: Le plus ca change
 haolam

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