Thursday, September 17, 2015

Buntes Schweigen

Menschen, denen die Flucht vor Bashar al-Assads Soldateska und deren Hisbollah-Verbündeten nach Italien gelungen ist, die also potentiell politische Verfolgung er- und überlebt haben, Scharfschützen, Belagerung, Gas, Faßbomben und Mittelmeer, wissen dennoch oder noch immer, wer ihr Feind ist: »Israel is the ultimate enemy, that’s what we’ve been told since we were kids«.
Antisemitismus ist ein verdammt zäher Wahn, wie auch ein Fall aus der deutschen Hauptstadt zeigt, den SPIEGEL Online kürzlich wohl eher unbeabsichtigt publik machte. Ein in Syrien geborener, aufgewachsener und dort vermutlich von der UNRWA betreuter »Palästinenser« hängt in einer Berliner Asylbewerberunterkunft ein Plakat mit einer Karte »Palästinas« auf, das Israel ersetzt.
Betrieben wird die Unterkunft vom Kreisverband Berlin-Mitte der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der über seine Website eine Broschüre verteilt mit dem Titel »Bunt ist eine schöne Farbe« und mit der die Herausgeber »zu einer Willkommenskultur und einem bunten Miteinander beitragen« wollen. Was hält die bunte AWO Berlin-Mitte vom Wunsch ihres Schützlings nach einem Ende Israels?
Eine erste Anfrage wird schnell vom zuständigen Sozialarbeiter beantwortet: »Mohamad«, wie der »Palästinenser« vorgestellt wurde, habe das Plakat selbst aufgehängt, die Arbeiterwohlfahrt führe keine Zimmerkontrollen in Privaträumen durch. Zudem hätten »andere Belange« Vorrang vor »politische[r] Bildung«. Eine »offizielle Positionierung« gäbe es beim AWO-Kreisverband.
Doch der, nun, der schweigt seit einer Woche beharrlich. Die per Fax und E-Mail geäußerte Bitte um eine Stellungnahme scheint zwar angekommen zu sein, doch wurde sie bislang nicht erfüllt. Keine Antwort freilich ist in diesem Fall sehr wohl eine Antwort. Mit der SPIEGEL-Veröffentlichung ist »Mohamads« Haltung zu Israel zunächst keine Privatangelegenheit mehr.
Deshalb ist der Wunsch nach einer Stellungnahme legitim und das nunmehr offizielle Schweigen des AWO Kreisverbands Berlin-Mitte kein »unschuldiges« mehr. Vielmehr scheint Antisemitismus, der sich im Wunsch nach einem Ende des jüdischen Staats äußert, mit der »Willkommenskultur« der AWO vereinbar. Haß auf Israel jedenfalls stört ihr »buntes Miteinander« offenbar nicht.
Antisemitismus ist ein Begleiter vieler Flüchtlinge, die derzeit nach Europa gelangen und dort auch Aufnahme finden werden. Man kann davor die Augen verschließen. Das allerdings ist spätestens nach den antisemitischen Aufmärschen des Sommers 2014 allzu riskant. Haß auf Juden, auf Israel ist nicht »bunt«. Das Schutzsuchenden nicht zu vermitteln, heißt mörderischen Haß billigen.
 tw24

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