Der Grund, weshalb Sineb El Masrars Buch mit dem Titel „Emanzipation
im Islam – Eine Abrechnung mit ihren Feinden“ derzeit nicht als Buch
käuflich zu erwerben ist, ist ein anderer. So gab der Herder-Verlag
bekannt, dass das Buch derzeit nicht lieferbar sei. Grund dafür sei die
Beantragung einer Einstweiligen Verfügung der radikal-islamischen
Bewegung Milli Görus e.V. (ja sie lesen richtig – es handelt sich um
einen mit staatlichen Mitteln geförderten Verein!), dem das Landgericht München stattgegeben hatte.
Ab 28. April würde man das Buch mit geschwärzten Textabschnitten wieder
ausliefern heißt es lapidar. Was war passiert? Was musste Schlimmes in
diesem Buch stehen, damit das Landgericht München einer Vereinigung
Recht gibt, der das Bundesamt für Verfassungsschutz einst ein
antidemokratisches Staatsverständnis sowie eine Ablehnung der westlichen
Demokratie bescheinigte?
Sineb El Masrar ist Deutsche. Als Tochter marokkanischer Einwanderer
wurde sie 1981 in Hannover geboren. 2006 gründete sie das
multikulturelle Frauenmagazin Gazelle, war in der Arbeitsgruppe „Medien
und Integration“ im Kanzleramt und Mitglied der Deutschen Islam
Konferenz. Heute lebt sie in Berlin. „Muslim Girls. Wer sie sind, wie
sie leben“, hieß ihr erstes Buch. In ihrem neuen Buch spricht sie sich
nun gegen patriarchale Strukturen im Islam aus und fordert weibliche
Muslime auf, ein emanzipiertes und selbstbestimmtes Leben zu führen – ob
es ihre Sexualität, Liebe, Partnerschaft betrifft oder Familie und
Erziehung. Kopftuch-Debatte, Dramen um Zwangsehe und sogenannte
Ehrenmorde seien Ausdruck von Ungerechtigkeit, die im Privaten beginne
und sich ihren Weg in den öffentlichen Raum bahne, ist die Autorin
überzeugt. Besonders für die junge Generation müsse mehr individuelle
Entfaltung möglich sein sowie eine stärkere Auseinandersetzung mit den
theologischen Quellen. Dass dem auch in Deutschland muslimische
Organisationen und Verbände entgegenwirken, ist einer der
Hauptkritikpunkte der Autorin. Sie müssten endlich Verantwortung
übernehmen, um Islamisten nicht die Deutungshoheit zu überlassen.Nun könnte man sich fragen, was davon genau gegen unsere freiheitliche
demokratische Grundordnung verstößt. Ist die Emanzipation der Frau
plötzlich etwas Verbotenes? Habe ich das einfach nur nicht mitbekommen?
Man muss jedenfalls schon einen sehr makabren Humor besitzen, wenn man
als staatliches Organ auf Grundlage des Antrages eines
radikal-islamischen Vereins den temporären Verkaufsstopp eines Buches
und die Zensur des selbigen veranlasst, dass als Hauptproblem eben genau
dieses kontraproduktive, antidemokratische Treiben islamischer Verbände
in Fragen der Integration und Emanzipation kritisiert. Hier zeigt sich
ganz deutlich, an welcher Stelle wir in Deutschland mittlerweile stehen:
Längst hat die falsche Toleranz gegenüber jeglichen religiösen
Auswüchsen des Islams den Anspruch der Verwirklichung der
Gleichberechtigung von Frau und Mann überholt.
Gleichberechtigung? Aber bitte nur bei „biodeutschen“ Frauen, bei
denen man nicht Gefahr läuft, sich mit irgendwelchen rückwärtsgewandten
Religionsvereinen anzulegen. Die muslimische Frau, selbst wenn sie qua
Pass Deutsche ist, selbst wenn sie hier geboren wurde, überlässt man
weiter den Fängen des Islams. Man nimmt ihre Unfreiheit, die auch und
vor allem durch die muslimischen Verbände hierzulande forciert wird,
nicht nur billigend in Kauf, man wirft jeder von ihnen, die sich daraus
lösen will, auch noch Knüppel zwischen die Beine. Das Urteil des
Landgerichts? Ein fatales Signal in die falsche Richtung!
Politik, Justiz, linke Toleranzwächter – sie alle machen sich
hierzulande zu Komplizen der reaktionären Kräfte des Islams. Als stünden
die wenigen progressiven Kräfte im Islam nicht ohnehin schon auf
verlorenem Posten. All das Gerede über einen etwaigen Euro-Islam
verkommt so zur Farce. Es wird keinen Euro-Islam geben und selbst wenn
es einmal leichte Tendenzen für einen gegeben haben sollte, hat man
unter tatkräftiger Unterstützung von perfekt geschulten
Berufsbetroffenen wie dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime,
Aiman Mayzek, erfolgreich dafür gesorgt, dass dieses zarte Pflänzchen
der Anpassung an demokratische Werte in den letzten Jahren plattgewalzt
wurde. Ja, Politik und Justiz sehen der Veränderung der Gesellschaft hin
zu postsäkularen Zuständen nicht nur hilflos zu, sie treiben sie sogar
aktiv voran – und während die SPD Herrn Mayzek und Co. auf ihrer
Facebookseite noch die Füße küsst, ist die einzige Partei, die sich
diesem antidemokratischen Trend entgegenstellen will, ausgerechnet die
von den Medien und anderen Parteien als antidemokratisch bezeichnete
AfD. Mehr Realsatire geht kaum.
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