Israel und die Arabische Liga von ivo bozic
Schon bald wird der Nahe Osten ein Refugium des ewigen Friedens sein. Diesen Eindruck muss man wohl angesichts der internationalen Reaktionen auf die so genannte Friedensinitiative der Arabische Liga gewinnen. Was hat die Liga vorgeschlagen? Um eine Normalisierung der Beziehungen zu erreichen, müsse sich Israel aus allen besetzten Gebieten zurückziehen, Jerusalem solle geteilt werden und die rund fünf Millionen Palästinenser, die als »Flüchtlinge« firmieren, müssten nach Israel »zurückkehren« dürfen. Insbesondere die letztgenannte Forderung steht der Existenz des jüdischen Staates entgegen. Überdies wurden die Forderungen allesamt bereits vor fünf Jahren vorgebracht. Neu daran war lediglich, dass die Arabische Liga sie diesmal mit einer Drohung versah: Israel solle den Plan lieber erst annehmen, anstatt Änderungen zu verlangen. Der Vorsitzende der Liga, Amr Mussa, sagte: »Wir sind an einer Kreuzung – entweder bewegen wir uns auf einen echten Frieden zu, oder wir sehen eine Eskalation der Lage.«
Wie kam also Israels Ministerpräsident Ehud Olmert auf die seltsame Idee, die Initiative der Saudis ebenfalls emphatisch zu begrüßen und gleich noch kumpelhaft eine Einladung an den saudischen König anzuschließen? Dahinter steckt dasselbe Konzept des »Teile und herrsche« der israelischen Regierung, mit dem sie sich schon seit einiger Zeit von einer Zwickmühle in die nächste begibt. Die ständige Umarmung des als gemäßigt gepriesenen Mahmoud Abbas und seiner Fatah bei gleichzeitiger Verteufelung der Hamas hat Israel in große Schwierigkeiten gebracht, als plötzlich beide zusammen eine Regierung bildeten und alle Welt forderte, man müsse nun doch mit dieser Regierung reden, zumindest mit deren gemäßigten Vertretern. Wie kann die israelische Regierung glaubhaft den weiteren Boykott der Regierung fordern, wenn sie doch selbst Abbas und Co. als Partner anerkennt?
Nun hofft Olmert offenbar, die arabischen Staaten und vor allem das Regime in Saudi-Arabien hinsichtlich der Politik gegenüber dem Iran auf seine Seite ziehen zu können. Sicher gibt es dafür einige Anhaltspunkte, doch wie wenig man in Israel diesem neuen Techtelmechtel selbst traut, zeigte sich bereits in der vergangenen Woche, als bekannt wurde, dass die USA offenbar planen, den Saudis hochmoderne Waffensysteme zu verkaufen. Erschrocken beschwerte sich Israels Verteidigungsminister Shaul Mofaz bei den Verbündeten in Washington. Dabei hatten die USA im Grunde doch nur dieselbe Idee wie die Israelis, nämlich sunnitische Regierungen in der Region zu einem »Bollwerk gegen den Iran« zu machen.
Die Hamas kriecht durch jenes Fenster in den Salon der internationalen Diplomatie, das Israel und der Westen für Abbas aufgestoßen haben, und zwar, während sie gleichzeitig militärisch aufrüstet wie wohl nie zuvor – mithilfe des Iran. Um nun wiederum dem Einfluss des Iran entgegenzuwirken, stößt man das viel zitierte »Fenster der Hoffnung« ausgerechnet für die fundamentalistischen Wahhabiten aus Riad auf und unterstützt so direkt oder indirekt ihr Machtstreben in der Region. Es stimmt wohl, dass die größte Gefahr für Israel derzeit vom Iran ausgeht, direkt, aber auch über den Umweg Hamas und Hizbollah. Doch welche Standards man aufgibt, welche Lawine man lostritt, indem man einen Friedensplan, in dem israelische Interessen überhaupt nicht auftauchen, als »revolutionären« (Olmert) Fortschritt verklärt, das wird sich erst noch zeigen.
Dieser Artikel erschien natürlich in der Jungle World. Tschuldigung dafür !
1 comment:
liebe leute, kaum vorstellbar, dass dieser kommentar in der jungen welt erschien. tat er auch nicht, es war die jungle world!
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