Thursday, March 22, 2007

Sharia-Richterin: Die Empörung hält an

Die Empörung über das Urteil einer Frankfurter Familienrichterin, die in einem Scheidungsverfahren eheliche Gewalt mit Bezug auf den Koran gerechtfertigt hat, hält weiter an. Mehrere Politiker forderten am Donnerstag persönliche Konsequenzen für die mittlerweile von dem Verfahren abgezogene Richterin am Amtsgericht.
Die Amtsrichterin hatte einer Deutsch-Marokkanerin eine vorzeitige Scheidung von ihrem Ehemann mit Bezug auf das Züchtigungsrecht im Koran verweigert. Die Frau hatte angegeben, von ihrem Mann mehrfach schwer misshandelt und mit dem Tod bedroht worden zu sein.
SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz verlangte, die hessische Justiz dürfe nun nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern müsse sich darüber klar werden, "wie es mit dieser Dame weitergeht". CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: "Solche Richter lassen jeden normalen Menschen verzweifeln. Urteile in Deutschland ergehen im Namen des Volkes, nicht im Namen des Koran." Er empfahl, die Richterin aus dem Familienrecht abzuziehen. Die Grünen-Bundesspitze schlug vor, der Richterbund und der deutsche Juristentag sollten sich mit dem Frankfurter Fall beschäftigen, damit sich solche Urteile nicht wiederholten.
Hessens Justizminister Jürgen Banzer (CDU) forderte nach eigenen Angaben einen Bericht des Amtsgerichts-Präsidenten an, um den Vorgang dienstrechtlich zu überprüfen. Er bescheinigte der Richterin, dass sie nicht mit Absicht Gewalt in der Ehe habe legitimieren wollen. Dieselbe Richterin habe dem Ehemann untersagt, sich der Wohnung seiner Frau auf weniger als 50 Meter zu nähern.
Der Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), verwies in diesem Zusammenhang auf frühere Urteile zweier Landgerichte in so genannten Ehrenmord-Prozessen, die die Taten unter Verweis auf archaische Rechtsvorstellungen und den Kulturkreis der Angeklagten nur als Totschlag gewertet hätten. Das mache ihn "unruhig", sagte Bosbach. Die Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi, sprach von einem "empörenden Kulturrelativismus", der "gefährlich und rassistisch" sei.
Die Berliner Frauenrechtlerin und Juristin Seyran Ates sieht in dem Frankfurter Scheidungsurteil keinen Einzelfall. Seit Jahren sei zu beobachten, dass die Justiz "große Schwierigkeiten" damit habe, deutsches Recht bei Muslimen anzuwenden. Viele muslimische Männer fühlten sich nun bestätigt und könnten sich auf eine deutsche Richterin berufen.
Die Frauengruppe in der Unions-Bundestagsfraktion berief sich auf eine Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004, wonach Migrantinnen in der Ehe häufiger und brutaler als einheimische Frauen körperlich misshandelt werden. Das zu entschuldigen, sei das falsche Signal.
(ddp)

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