Tuesday, March 27, 2007

Deutscher Orientalismus - Rainer und Brigitte (II)




Alternative Lebensformen
Langhaarfaschos
Rainer Langhans, Sie erinnern sich, wurde beim letztjährigen Benno-Ohnesorg-Kongreß als der Esofaschist benannt, der er ist, und sein weißes Hemd fies bekleckert. Die Attacke ließ den eitlen Langhans nicht ruhen und brachte ihn auf die Idee, selbst ein Spektakel zu veranstalten, das sich gewaschen hat: "Ready to Ruck" im Berliner Tempodrom, der "große Potlatsch der Generationen 68-98", mit "Palaver, Wohlfühlaktionen und Performance".
Um "uns" gehe es, betonte Langhans und meinte die Deutschen. Denen fehle nämlich, wie er der taz erklärte, die "innere Vervollkommnung". Die zu erreichen, sei ganz easy: "Wir haben damals absolut das Richtige gemacht, wir hatten es nur noch nicht begriffen. Da wurde ein großer Geist plötzlich über uns ausgeschüttet, und nun standen wir da und waren erleuchtet und wußten nicht, wie uns geschah. Unsere Väter mußten noch in die Schützengräben steigen und hatten da die große Erleuchtung, inklusive Hitler, der das ja wirklich magisch vertreten hat, in einer sehr wissenden Weise. Heute haben wir andere Möglichkeiten, uns zu erneuern und nach innen Kontakt aufzunehmen zu den tieferen Dingen. Leider Gottes darf man da ja nicht hingucken."
Im Zelt, wo sich an diesem Abend die Vertreter des alten West-Berlin versammelt hatten, fällt Langhans noch mehr ein: Mit dem Führer hätten ja gerade "wir" (die Deutschen) schlechte Erfahrungen gemacht, aber - halten Sie sich fest - "diese Erfahrung war gut"! Der Mix aus Anthroposophie, Hermann Hesse und Drogenabusus, der mit C.G. Jung versetzt wird, um dem Ganzen den Anschein einer Theorie zu verleihen, ist (von Jutta Ditfurth) längst als "Esofaschismus" enttarnt worden. Wohl fühlten sich in der Nähe des Langhaarfaschisten nicht nur Leute, die schon alles hinter sich haben und nur noch für die B.Z. interessant sind (Rolf Zacher, Fritz Teufel, Christiane F.), sondern auch - "Wir werfen zusammen, was zusammengehört" (Partymotto) - Christoph Schlingensief, Dr. Motte und Westbam.
Bei allem Ekel freut man sich, daß die mit viel Getöse angekündigte Veranstaltung zumindest schlecht besucht war. Besonders aus der anvisierten Gruppe der Mittzwanziger ließ sich kaum jemand blicken, lediglich versprengte Fans der "Chance 2000" warteten auf ihren Christoph. Der hatte sich allerdings krankgemeldet, um die Veranstaltung dann aus dem Publikum beobachten zu können. Blieben also Deplazierte. Eine Verstrahlte z.B., deren größte Leistung es offenbar ist, Holger Meins gekannt zu haben, berichtete von ihrer Lust auf Disziplin und Führung. Damit das niemand falsch versteht: "Sie hat", ruft Langhans, "Führung gesagt. Nicht Führer. Führung!"
Jörg Sundermeier
1. September 1998
Jungle World

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