Welle von türkischem Nationalismus bedroht christliche Minderheiten in der Türkei
Istanbul/Türkei (Institut für Islamfragen, mk, 16.03.2007) In der Europaausgabe der liberalen türkischen Tageszeitung "Milliyet" vom 12. März ist von einer türkeiweiten Umfrage zu lesen, in der die Hälfte der Befragten eine Zunahme des Nationalismus in der Türkei bestätigt. Nur 30% sind der Überzeugung, dass er nicht zunimmt. Besonders im Westen waren Befragte der Überzeugung, dass man nationalistischer denke als früher. Als Gründe für die zunehmende Rechtsorientierung sei mit 33,8% die ablehnende Haltung der EU der Türkei gegenüber genannt worden. 23,6% waren der Meinung, dies läge an den Misserfolgen der türkischen Außenpolitik, besonders im Irak, und diese Wende sei auch die Nachwirkung der Ermordung des armenischen Christen und Redakteurs Hrant Dink. Nach Dinks Ermordung hatten türkische Intellektuelle bei seiner Beerdigung auf Transparenten proklamiert: "Wir sind alle Armenier", um sich mit der armenischen Gemeinschaft zu solidarisieren. Daraufhin schwappte eine Welle der Empörung und des Rechtsradikalismus auf. 81,6% der Türken beurteilten der Befragung nach den Slogan "Wir sind alle Armenier" als falsch. Nur 10,1% halten ihn immer noch für richtig. Interessanterweise denken die Befragten, dass die beste Präsentation des Nationalismus durch den amtierenden Regierungschef Tayyip Erdogan (21,6%), den Leiter der regierenden AKP erfolgt und erst an zweiter Stelle (17,3%) durch Develt Bahceli, den Leiter der rechtsradikalen MHP.
Nach der Ermordung von Dink am 19. Januar 2007 bat der Armenische Patriarch, Mesrob II., den Gouverneur von Istanbul am 1. Februar 2007, die armenischen Kirchen, Einrichtungen, Krankenhäuser, Stiftungen und Schulen besonders zu schützen. Vom Gouverneur kam eine positive Antwort: "Wir werden sie kontrollieren. Bitte treffen Sie auch selbst besondere Vorkehrungen". Mesrob II. hatte in seiner schriftlichen Bitte alle Adressen und Gottesdienstzeiten von armenischen Einrichtungen detailliert aufgeführt. Mesrob II. hatte bereits am 12.10.2006 um diesen Schutz gebeten, nachdem in Frankreich ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Leugnung der Armeniermassaker unter Strafe stellte. Darauf wurde ihm seitens des Gouverneurs nicht einmal geantwortet, ganz zu schweigen von Schutzmaßnahmen, so dass es zum Mord an Dink kommen konnte.
Quelle: Deutsche Ausgabe der Milliyet vom 12.03.2007
Kommentar: Der zunehmende Rechtsradikalismus in der Türkei ist eine echte Gefahr für die letzten Reste der traditionellen Christen und auch für die Konvertiten aus dem Islam. Einen unrühmlichen Namen hat sich besonders die rechtsradikale MHP, die nationale Volkspartei, gemacht, deren Vertretung in Deutschland "Milli Görüs" ist. Der MHP werden vielfach Gewalttaten gegen christliche Einrichtungen nachgesagt. Die türkische Armee scheint den wachsenden Nationalismus mit Wohlgefallen zu betrachten, stützt er doch ihre Postition.
No comments:
Post a Comment