Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich am 15. Mai 2012 bei einer Fraktionssitzung seiner Partei, der AKP, verächtlich über den demokratischen Protest von 50.000 Aleviten am 17. März 2012 in Bochum geäußert.
„Erdoğan kriminalisiert einen demokratischen Protest. Für den unbedarften Zuhörer hat er die AABF und deren Funktionäre in der Türkei zu Staatsfeinden degradiert und dadurch zur Zielscheibe von islamistischen und nationalistischen Gruppen gemacht.
Dass diese Äußerungen erst 2 Monate nach unserem Protest gefallen sind, zeigt uns unzweideutig auf, dass unser Protest ein voller Erfolg war“, bewertete Ali Doğan, Generalsekretär der AABF, die Vorgänge.
Die AABF hatte am 17. März 2012 in Bochum zu einem Protest gegen die Verleihung des Steiger Awards an Erdoğan aufgerufen. Der Protest richtete sich gegen die Verleihung eines Preises für Tolerant, Offenheit und Menschlichkeit an einen amtierenden Ministerpräsidenten, der die Minderheitenrechte in seinem eigenen Land mit Füßen tritt. Sowohl religiöse Minderheiten, wie Aleviten, Christen und Yeziden als auch ethnische Minderheiten wie Kurden, Griechen und Armenier werden noch immer in der Türkei strukturell benachteiligt und müssen teilweise Repressalien und staatliche Verfolgung fürchten. Diese Tatsache wird auch in den EU-Fortschrittsberichten, zuletzt in dem Bericht 2011 angemahnt. Die Europäische Union bescheinigt der Türkei in diesem Bericht eine mangelnde Beitrittsreife, die vor allen Dingen auf Defizite in den Bürgerrechten und in der Meinungsfreiheit zurückzuführen ist.
Parallel zu dieser Lebenswirklichkeit war und ist es aus Sicht der AABF inakzeptabel, dass der politische Führer der Türkei einen Preis für just das Gegenteil erhalten sollte. Der demokratische Protest der AABF in Bochum wurde daher auch von einem breiten gesellschaftlichen Konsens in Deutschland getragen. Sowohl der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, als auch Abgeordnete von SPD, CDU, Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen haben gemeinsam mit Gewerkschaften und anderen Migrantenselbstorganisationen gegen die Preisverleihung protestiert und sind dem Aufruf der AABF gefolgt.
„Die AABF ist eine in Deutschland anerkannte Religionsgemeinschaft. Wir lassen uns von einem türkischen Ministerpräsidenten nicht einschüchtern und den Mund verbieten“, äußerte sich Hüseyin Mat, Bundesvorsitzender der AABF, zu dem Vorfall.
„Wir werden auch weiterhin gegen die desaströse Minderheitenpolitik der AKP-Regierung protestieren“, Mat weiter.
Die AABF vertritt ca. 245.000 Aleviten in Deutschland (Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, Bundesministerium des Innern, 2009).
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