von Gerrit Liskow
In Äußerungen, die an seiner geistigen Zurechnungsfähigkeit und
seiner Eignung für ein öffentliches Amt zweifeln lassen, hat der
Vorsitzende der britischen Sozialdemokratie seinen Amtsvorgänger in spe,
Tony Blair, und dessen damaligen amerikanischen Counterpart, George
Bush, bezichtigt, sie hätten die Terroranschläge des 9. September
„manipuliert“ um gegen Irak und Afghanistan in den Krieg zu ziehen.
Mr Corbyn hat sich per Wahlen innerhalb seiner Partei mit knapp zwei
Drittel aller Mandate als eindeutiger Sieger im Kampf um den Posten als
Labour-Vorsitzender durchgesetzt. Es kann keine Frage sein, dass er sein
Wahlergebnis als ein Mandat versteht, in der britischen
Sozialdemokratie mit dem eisernen corbynistischen Besen zu kehren.
Seitens seines militanten Arms hat der britische Syndikalismus der
Regierung von David Cameron, dem Premierminister, bereits den Krieg
angesagt: Die Bosse des mächtigen Gewerkschaftsverbandes haben sich den
Sturz der demokratisch gewählten Regierung erklärtermaßen zum Ziel
gesetzt.
Dass all dies auf der Basis von 200.000 Stimmen für Mr Corbyn und 14
Millionen Stimmen für die Regierungspartei geschehen soll, wirft ein
bezeichnendes, aber keineswegs überraschendes Licht auf das
Demokratieverständnis der Linken.
Putting the mock in democracy?
Bereits vor knapp zwei Wochen
konnte sich Mr Corbyn nicht einmal zum Gedenken an die Battle of
Britain und in seiner Funktion als prototypischer Repräsentant der
britischen Sozialdemokratie dazu bringen, „God save The Queen“ zu
singen; was ihn beim selben Anlass nicht davon abhielt, den Veteranen die Sandwiches wegzufressen, heißt es.
Zuvor bezeichnete er im iranischen Staatsfunk
die Neutralisierung Bin-Ladens als eine „Tragödie“, und bereits 2003
hat Mr Corbyn in der linken Leib- und Magenzeitung „The Morning Star“
Äußerungen wie diese gemacht:
“Historians will study with interest the news manipulation of the past 18 months. After
September 11, the claims that bin Laden and al-Qaida had committed the
atrocity were quickly and loudly made. This was turned into an attack on
the Taliban and then, subtly, into regime change in Afghanistan.”
“Historiker werden die Manipulationen in der Berichterstattung
der letzten 18 Monate mit Interesse studieren. Nach dem 11. September
wurde rasch und lautstark behauptet, Bin-Laden und Al-Qaida würden
hinter den Anschlägen stecken. Das sollte zum Angriff auf die Taliban
und indirekt zum Regierungswechsel in Afghanistan führen.“
Diese Meinung ist vor dem Hintergrund Mr Corbyns bereits 1993 getroffenen Annahmen
über eine sogenannte „Neue Weltordnung“ zu sehen. Dabei handelt es sich
um eine von ihm zweckdienlich unterstellte Mega-Verschwörung, die
angeblich den Lauf der Geschichte bestimmt:
“We now know that the Gulf War was a curtain-raiser for the New
World Order: the rich and powerful, white and western will be able to
maintain the present economic order with free use of all the weapons
they wish for.”
„Wie wir jetzt wissen, war der (Erste) Golfkrieg nur das Vorspiel
der Neuen Weltordnung: Die Reichen und Mächtigen, Weißen und Westlichen
werden die derzeitige Wirtschaftsordnung mit den Waffen ihrer Wahl
bewahren.“
Und wem das nicht genügt: Hier noch ein paar corbynistische Zeilen aus Labours Hauspostille, dem „Labour Briefing“:
“The aim of the war machine of the United States is to maintain a
world order dominated by the banks and multinational companies of
Europe and North America.”
“Ziel der Kriegsmaschinerie der USA ist es, eine Weltordnung zu
bewahren, die Banken und multinationale Firmen aus Europa und
Nordamerika beherrschen.“
Selbstverständlich passt Mr Corbyn mit Ansichten wie diesen in jedem
handelsüblichen Arbeitskreis und Kreisverband der deutschen
„Links“-Partei wie Arsch auf Eimer. Wir wissen nicht, liebe Leserinnen
und Leser, welches politische Kalkül hinter Äußerungen wie diesen
steckt: Sagt der Große Vorsitzende das, um seiner Basis zu gefallen oder
weil er diesen Unsinn wirklich glaubt – oder beides?
Wie dem auch sei: In aktuellen Umfragen ist Mr Corbyn der erste Labour Vorsitzende, der mit einem negativen Beliebtheitswert aus seiner ersten Woche in Amt und Würden (*hüstel) hervorgegangen ist; ob sein Versuch,
das allwöchentliche Primeminister’s Questions auf ein „Fragen Sie Onkel
Jeremy“-Format fürs Vormittagsfernsehen zu reduzieren, viel damit zu
tun hat?
Aber nach wie vor hält sich seine Partei in Umfragen
wacker bei 31% und ebenso sind 31% aller Britinnen und Briten der
Ansicht, Mr Corbyn leiste einen positiven Beitrag zu den öffentlichen
Geschicken ihrer Nation.
Wen die Götter zerstören wollen, den machen sie zunächst verrückt.
Das scheint nicht nur für die britische Sozialdemokratie zu gelten,
sondern auch für die Firma Volkswagen. Diese Inkarnation der VEB
Deutschland AG scheint es schon seit Jahren mit der Wahrheit nicht zu
genau zu nehmen - vor allem dann nicht, wenn es ihren eigenen Zwecken
dient.
Der eigentliche Skandal ist selbstverständlich nicht, dass „Climate
Change“ und Vollmotorisierung mit herkömmlichen Mitteln und zu
wirtschaftlich vertretbarem Aufwand einen unlösbaren Zielkonflikt
darstellen.
Ebenfalls besteht der Skandal nicht darin, dass der Unternehmenserfolg von VW vermutlich seit Jahren auf kriminellen Machenschaften
basiert: Wer sich über Betrug und Irreführung der Verbraucher in der
Autobranche noch immer wundert, muss die letzten Jahrzehnte unter einem
Stein verbracht haben.
Sondern der Skandal besteht selbstverständlich darin, dass man im offiziellen und inoffiziellen Deutschland mal wieder nur zu genau weiß, was man besser nicht weiß.
In welchem Umfang die Causa VW bereits vor dem 3. September 2015
Chefinnensache war, ist weiter unklar. Aber dass Frau Dr. Merkels
Appelle zu „Transparenz und vollumfänglicher Aufklärung“ das Wirken
ihres eigenen Amtes in dieser Angelegenheit betreffen, darf bezweifelt
werden.
Und in diesem Punkt hat sich die Grüne Partei mit ihren Bemühungen um
Aufklärung zum ersten Mal ein dickes Lob verdient. Ich hätte auch nicht
gedacht, dass ich das jemals sage, liebe Öko-Terrier: Lasst nicht
locker, bis das Blut spritzt.
Immerhin steht mit dem VW Skandal nicht nur die wirtschaftliche
Existenz von weltweit vielen hunderttausend Menschen auf dem Spiel.
Sondern zudem scheint sich VW auch an immerhin 33 Toten pro Tag
mitschuldig gemacht zu haben, die allein im Vereinigten Königreich
durch die vollumfängliche Einhaltung der geltenden Abgasrichtlinien
hätten vermieden werden können; europaweit sterben 130 Menschen pro Tag an vermeidbarer Luftverschmutzung.
Menschen, die bei der Einhaltung geltenden Rechts heute noch leben
würden, und die nicht dadurch wieder lebendig werden, dass der neue Herr
Winterkorn nun Matthias Müller heißt und so aussieht, als hieße er Hase
und wüsste von nichts.
Aber dem CO2-neutralen Klimaschutz sind niedliche Robbenbabys und
sich munter vermehrende Eisbärenpopulationen selbstverständlich
wichtiger, als jene halbe Million realexistierender Menschen, die allein
in Europ jedes Jahr an Stickoxiden sterben.
Stimmungslage und geistige Reife der germanisch-depressiven Nation
angesichts des VW-Skandals auf den Punkt zu bringen blieb der
Frankfurter Rundschau vorbehalten. Sie bewertete
die Bemühungen des Exportweltmeisters in der Flüchtlingskrise als
Riesenplus auf dem Imagekonto der VEB Deutschland AG, um dieses Guthaben
flugs mit einem etwas verschwiemelten Tadel am Vorgehen der Erben des
Kraft-durch-Freude-Wagens zu verrechnen.
Nicht logisch, aber psychologisch. Vielleicht kann uns Oberlehrer Schmale
von der FR und dann bitte vorrechnen, wie viele Syrer wir noch retten
müssen, bevor bestimmte VW-Modelle die vorgeschriebenen Abgaswerte
tatsächlich erfüllen.
haolam
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