Monday, October 10, 2016

Südtirol ist auf dem besten Weg zum Merkelland

Vor 100 Jahren war Südtirol ein stark bäuerlich geprägtes Land. Das damals noch zu Tirol gehörende Land war im Vergleich zu heute sehr arm. Die Leute hatten nicht viel, meist nur das Nötigste, um zu überleben. Jedes Kind heute dürfte noch jemanden in seiner Familie kennen, der als Landwirt seinen Lebensunterhalt bestreitet, obwohl heute nur noch rund sechs Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig sind.
Dafür ist die Provinz Bozen heute eine der reichsten Italiens und gemeinsam mit der Provinz Trient unter den 25 reichsten Regionen Europas. Das kam nicht von allein. Findige Unternehmer und Gastwirte, aber vor allem deren Angestellten legten ordentlich Hand an, um den Grundstein des Wohlstands zu legen, den wir heute genießen können.
Zwölf Stunden Arbeit keine Seltenheit
Als Handwerker zwölf bis 13 Stunden am Tag zu arbeiten, war keine Seltenheit — und das auch samstags. Das zehrte an den Arbeitern. Alkoholsucht und körperlicher Verschleiß waren oft die Folgen. Die Arbeitsbedingungen heute sind weitgehend angenehmer. Im Sommer dieses Jahres lag die Arbeitslosenquote in Südtirol bei 3,8 Prozent. Damit liegt das rund 500.000 Seelen kleine Land nicht ganz im vorderen Zehntel der 300 Regionen innerhalb der EU.
Viele Betriebe, zumindest in meiner Heimatregion, suchen händeringend nach Personal, auch nach Lehrlingen. Geringe Arbeitslosigkeit, viele Arbeitsplätze: Optimale Bedingungen also für Einwanderer. Warum gibt es dann immer noch so viele von ihnen, die sich von Land und Staat alimentieren lassen, den lieben langen Tag nichts anzustellen wissen und deshalb auf dumme Ideen kommen?
Die Fakten: Im Juni waren in Südtirol offiziell 895 Asylsuchende untergebracht, wie aus einer Landtagsanfrage der Freiheitlichen hervorgeht. Im selben Monat waren „laut Auskunft der Vereinigungen“, gemeint sind jene Organisationen, die sich um die Einwanderer kümmern, „ca. 107 Personen beschäftigt“. Die Zahl der Arbeitenden ändere sich ständig. Zu dem Zeitpunkt waren es weniger als zwölf Prozent.
Das liegt in erster Linie an der Art der Beschäftigung. Laut Landesrätin Martha Stocker waren die meisten von ihnen in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe beschäftigt. Branchen, in denen nicht das ganze Jahr über Arbeit anfällt, erst recht nicht für Hilfsarbeiter. Daneben zeigen auch Beispiele wie das des Vahrner Brillenhersteller WooDone, warum heimische Unternehmen Asylsuchende beschäftigen — nur für kurze Zeit.
Darauf angesprochen, bekräftige der Geschäftsführer, er habe für die Anstellung der Asylsuchenden in seinem Betrieb beinahe keine Kosten gehabt: „Wir haben ihnen Arbeitskleidung gegeben, damit sie sich als Teil des Teams fühlen. Natürlich dürfen sie sich, wie alle anderen auch, an der Kaffeemaschine bedienen.“
Flüchtlinge als landesfinanzierte Billigarbeiter
Das Land machte es möglich: Jeder der vier Asylsuchenden leistete 250 Stunden. „Das Land stellt 1.000 Stunden zur Verfügung, aufgeteilt auf so viele Leute, wie man braucht.“ Er erläuterte auch, warum sie nicht darüber hinaus beschäftigt worden sind: „Die jungen Männer aus Afrika sind längst nicht auf dem technischen Stand der einheimischen Jobbewerber. Ich leiste meinen Beitrag für Flüchtlinge gerne, aber für einen qualifizierten Job in unserem Unternehmen braucht es eine Ausbildung, eine Erfahrung und ein kulturelles Verständnis, wie wir es hier bei uns gewohnt sind.“
Wenn also in einer eher wohlhabenderen Region wie Südtirol nur wenige Flüchtlinge eine dauerhafte Beschäftigung finden, wie sieht es dann in wirtschaftlich maroderen Provinzen Italiens aus? Und was ist mit dem ganzen Rest? Einige von ihnen sorgen in den Städtchen Südtirols für reichlich Irritationen (einige Beispiele aus jüngster Zeit: hier, hier oder hier). Nun sieht es der gemeine Südtiroler nicht nur ungern, wenn Menschen faulenzen. Er wird geradezu grantig, wenn ebenjene Menschen noch zusätzlich stänkern und für Krawall sorgen.
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Solche Vorfälle könnten in naher Zukunft indes zunehmen. Südtirol ist dazu verpflichtet, 0,9 Prozent der Einwanderer aufzunehmen, die in Italien Asyl ansuchen. Der Prozentsatz ist nicht hoch, und trotzdem ist eine große Menge, die das kleine Land stemmen muß. Von August 2015 bis Juli 2016 stellten 105.867 Personen politisches Asyl — 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Jeden Tag landen Hunderte an der italienischen Küste. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres waren dies 95.000.
Der unter dem Pseudonym Don Alphonso bekannte FAZ-Blogger Rainer Meyer fragte unlängst auf seinem Blog, was es über die Integration aussage, wenn es selbst in strukturstarken, reichen Regionen die im Herbst 2015 noch als dringend notwendig gebrauchte Fachkräfte gepriesenen Einwanderer nur in seltensten Fällen schaffen (oder nicht willens sind), sich in die Gesellschaft einzugliedern.
Die spannende Frage, die sich daraus ableitet, lautet: Wenn schon bei uns unter absoluten Idealbedingungen nur 39 Flüchtlinge bereit und in der Lage sind, sich ausbilden zu lassen, in einer Stadt mit 120.000 Einwohnern, die auch ihren Anteil an Flüchtlingen aufgenommen hat – was sagt das über das Gelingen der Integration aus? Und was machen die anderen? — Don Alphonso
Südtirol ist glücklicherweise noch nicht so weit wie Deutschland. Dort vergrößert sich die Kluft zwischen Volk und Volksvertretern sowie Meinung und veröffentlichter Meinung. „Lügenpresse“-Rufe in sozialen Medien Südtirols ertönen selten. Und dennoch ist das kleine Land auf dem besten Weg dahin, seinem großen Bruder zu folgen. Hinzu kommt die spezielle Situation Südtirols im Staat Italien. Seine Integration in das Stiefelland hat längst nicht so gut funktioniert, wie es die Regierungen in Rom und Bozen gerne hätten.
Noch kann ähnlichen Entwicklungen wie in Deutschland entgegengesteuert werden. Freilich sollten sich meinungsbildende Medien und regierende Politiker andere Beispiele zum Vorbild nehmen als ihre Kollegen im Merkelland.
Der Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors.

 http://www.unsertirol24.com/2016/10/09/suedtirol-ist-auf-dem-besten-weg-zum-merkelland/

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