In einem erst jetzt wiederentdeckten Interview aus der Magisterarbeit von Jens Peter Paul hat Helmut “Einheitsbirne” Kohl bereits 2002 ein vollumfängliches Geständnis abgelegt: In seiner Funktion als damaliger deutscher Bundekanzler habe er sich bewusst dagegen entschieden, dem Willen der Bevölkerung zu entsprechen, sobald es um “Europa” und den Euro ging. Zudem habe er der Bevölkerung sogar sehr bewusst die Äußerung ihres politischen Willens vorenthalten.
Kohl beruft sich zu seiner Verteidigung auf besseres Wissen und eine heilsgeschichtliche Mission, die eine direkte Vereinbarung zwischen ihm und dem Hegelschen Weltgeist gewesen sein muss: Er, also Kohl, habe gewusst, dass ein Referendum über die Währungsunion der Euro-Zone mit demokratischen Mitteln niemals zu gewinnen ist. Aber hey, wozu ist die Demokratie gut, wenn man sie nicht ignorieren kann?
Gesagt – getan! Herr Dr. Kohl habe sich über den ihm bekannten Willen der Bevölkerung bewusst hinweg gesetzt und sich zur Durchsetzung des “Projekts Europa” nach eigenen Worten “wie ein Diktator” aufgeführt. Nun ja, natürlich nur, weil er unser Bestes wollte. Immerhin habe die EU, nach Kohl, “Kriege verhindert” und “den Frieden gesichert” – eine Ansicht, der sich auch das ebenfalls in einer Parallelwelt angesiedelte Nobel-Preis-Kommittee anschließen würde. Und etwas, das sich eine Nation, die zwei Weltkriege und einen Holocaust angezettelt hat, natürlich nur zu gerne sagen lässt: Dass man als “Deutschland in Europa” (Wahlwerbung der CDU) zu einer Art pan-europäischen “Friedens”-Taube mutiert sei.
Naja, vielleicht sollte man mal die Leute in Griechenland und Zypern fragen, ob die das genauso sehen. Oder die verlorene Generation junger Akademiker aus Spanien, die jetzt halbtags an der Kasse vom Supermarkt sitzt, dank “Europa”. Die jungen Portugiesen können immerhin nach Brasilien auswandern, und das tun sie wohl auch, weil da die Wirtschaft prächtig läuft – immerhin ist Brasilien nicht in der EU.
Doch zurück zu Hohl, äh: Kohl. Nicht etwa, dass die Block-Konfrontation während des Kalten Krieges und die Theorie der garantierten gegenseitigen Vernichtung etwas damit zutun gehabt haben könnte, dass es in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa einigermaßen ruhig blieb; von Details wie dem Prager Frühling, den gescheiterten Aufständen in Ungarn und der DDR sowie den beiden Berlin-Krisen mal abgesehen.
Nicht etwa, dass es an der NATO gelegen haben könnte, dass es in Westeuropa während des Kalten Krieges einigermaßen friedlich geblieben ist. Vor allem die in Deutschland stationierten Truppen der Westalliierten, die im Fall der Fälle der Sache ein schnelles Ende bereitet hätten, haben aus Sicht von Dr. Kohl ganz und gar überhaupt nichts damit zu tun. Wer so redet, wie Herr Dr. Kohl, hat die Befreiung vom Faschismus, vor allem aber die unsäglichen Opfer, die damit verbunden waren, nicht wirklich verdient.
Nein, aus Sicht von Herrn Dr. Kohl lag das alles an der EU – die sich damals, in den ersten Jahrzehnten der Block-Konfrontation, übrigens noch “Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl” nannte und wenig mehr, aber auch nicht viel weniger, als eine zentralplanerisch geführte Burgfeste des franko-germanischen Korporatismus war. Also der rheinischen, oder auch “sozialen” Marktwirtschaft, in welcher der Kapitalismus nur für jene Aufgaben gut genug ist, die der Staat nicht lösen kann oder nicht lösen möchte – weil Politiker damit keine Wahlen gewinnen können.
Für diese Leistung möchte Herr Dr. Kohl erinnert werden: Vater der EU. Nun, ich glaube, man wird ihm diesen Gefallene eines Tages tun können – nur eben auf eine ganz andere Art und Weise, als er sich das gewünscht haben würde.
Wenn Dr. Kohl, der seinen Doktor in etwas gemacht haben soll, das mit Geschichte zu tun hatte, die Historie der letzten sechs Jahrzehnte so nach seinem Gusto umfrisiert, dass er selbst dabei als ein Denkmal erscheint, als großer europäischer Friedensfürst, so ist er daran zu erinnern, dass es die Geschichte mit denen, die sich selbst zu Lebzeiten eine Denkmal setzen wollten, meist nicht sehr gut gemeint hat. Die meisten dieser Denkmäler wurden nämlich noch zu Lebzeiten abgerissen und zerstört, und zwar völlig zu recht.
Ganz besonders prekär aber wird es, wenn Herr Dr. Kohl sich offen zu dem bekennt, was er “totale Autorität” nennt: Die Anmassung, sich über den ihm bekannten Willen der Bevölkerung bewusst hinweg zu setzen – eine interessante Ansicht für den vordersten Demokraten der CDU und diesen wiedergutgewordenen Deutschen mit der “Gnade der späten Geburt”.
Nicht, dass man sich von einem Grundgesetz zu sehr in seine diktatorische Führung reinreden lassen sollte, in dem es heißt: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus” -- nicht wahr, Dr. Kohl? Ist Herr Kohl etwa kein Teil des Volkes? Doch – sogar ein ganz besonders repräsentativer Teil! Wenn nicht sogar der repräsentativste. Ergo – er ist das Volk!
Aber ist das Volk auch Kohl? Ach ganz egal, wenn sie keinen Kohl wollen, dann sollen sie doch Kekse essen.
Und das Ganze geschah dann auch noch in dem Glauben, es besser zu wissen. Nun, man sieht angesichts der Katastrophen, die der Euro in “Europa” verursacht hat, wie gut oder vielmehr: wie schlecht, es Dr. Kohl tatsächlich wusste. Und es muss fürs erste die Genugtuung reichen, dass Kohl für das Desaster, das er in “Europa” verursacht hat und für das er sich anschließend auch noch rühmen wollte, noch zu Lebzeiten verantwortlich gemacht werden kann, und muss.
Was indes immer den Frieden befördert hat, waren nicht zentralplanerische Monsterbehörden wie jene im heutigen Brüssel oder im damaligen Moskau, sondern das war der freie Handel auf freien Märkten. Denn wer miteinander handelt, haut sich nicht den Schädel ein – das wäre einfach blöd, denn sowas ist sehr schlecht fürs Geschäft.
Diese basale Erkenntnis war der Menschheit schon vor zehntausend Jahren bekannt, und zwar ohne, dass es einer EU oder eines Herrn Dr. Kohls dazu bedurft hätte.
No comments:
Post a Comment