In Europa hat der Trump-Schock ebenfalls einschlägige
Aktivitäten ausgelöst: “Aus Furcht vor weiteren Wahlerfolgen
populistischer Bewegungen werden in Europa strengere Auflagen für
soziale Netzwerke gefordert”, liest man über Brüsseler Pläne. Volker Kauder gibt den beißlustigen Kettenhund seiner Herrin und bellt in der WELT:
“Wenn das Netz weiter lügt, ist mit der Freiheit Schluss”. Nach diesem
rüden Auftritt folgte die Kanzlerin im Bundestag und kündigte in
gewohnter Merkel-Moderation an: “Wir müssen mit diesem Phänomen umgehen
und – wo notwendig – regulieren,” weil “das unseren Grundsätzen
widerspricht.”
Gerade hat dieselbe Frau versprochen, in einer 4.
Kanzlerschaft die Digitalisierung des Landes voranzutreiben, und das
erste, was ihr dazu konkret einfällt, ist staatliche Regulierung.
Offenbar reichen die Kontrollen, Einschüchterungen und
Denunziationen durch die popstalinistischen Hosenschlitzriecher der
“Amadeu-Stiftung” und die Mobilisierung der Schulkinder zu Volksfahndern
gegen “Hetze im Netz” im Rahmen des Google-Projekts “NichtEgal” immer noch nicht aus.[...]
Zwei einschlägig ausgewiesene Haudegen der publizistischen Landnahme möchten aus dem US-“Wahlkampf gegen die Medien”
rasch “Konsequenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in
Deutschland” ziehen. Wolfgang Hagen, ehemals Redakteur im bekannt
pluralistischen Radio Bremen und jetzt Medienwissenschaftler in Lüneburg , hat sich mit dem Literaturwissenschaftler und Projektleiter des ARD-Online-Kanals Hermann Rotermund zusammengetan, um abermals die Expansion der präferierten Sender zu fordern.
Ihr Verständnis des Mediensystems ist dabei erhellend für
Denkweisen, wie sie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk endemisch sind.
Denn für Hagen und Rotermund ist das US-Mediensystem strukturell
“unfair”, erlaubt es doch mit Talkradios und Fox News Sendern den Zutritt zur Öffentlichkeit, die nicht auf deutsche Schwurformeln von “Ausgewogenheit” verpflichtet zu sein.
Die Zulassung eines Pluralismus, der über das hinausgeht, was in ARD und ZDF
als denkbar gilt, erscheint den beiden Autoren als riskant, weil er mit
Verlust der Diskurskontrolle und Aufkündigung dessen verbunden ist, was
sie “medienkulturellen Konsens” nennen. Wer diesen Konsens wie
herbeiführt, darüber erfährt man freilich nichts, kann es aber leicht
ahnen: Es sind jene “Eliten”, die als Vormünder die allein
demokratieförderliche Mediendiät der Bürger zusammenstellen.
Man sieht: hier artikuliert sich das ungebrochene
Selbstverständnis eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks deutschen Typs,
das sich durch keine Herausforderung in seinen Gewissheiten erschüttern
lassen will. Man ist stolz darauf, dass hierzulande die Medienszene
noch gesellschaftssanitär sauber ist. Eine Form von Meinungsfreiheit,
die Raum lässt für die die ganze Bandbreite der gesellschaftlichen
Diskussion, auch da, wo es ungewaschen, flegelhaft, geschmacklos zugeht,
macht den beiden Herren Angst. Die Enge der deutschen Verhältnisse
nehmen sie nicht wahr, faseln stattdessen davon, dass nur im Internet
“die Nutzer nur eine Teilansicht des gegebenen Meinungs- und
Verhaltensspektrums” rezipieren. Offenbar halten sie das, was der
öffentlich-rechtliche Rundfunk im Verein mit den meinungsbildenden
Blättern der Republik dem Publikum bietet ,für die ganze Fülle dessen,
was in Deutschland gedacht und gemeint wird. Dabei klagte schon Kurt
Tucholsky darüber, dass die meisten Zeitungsleser nur eine Zeitung
lesen, und zwar die, die ihre Ansicht bestätigt. Daran dürfte sich kaum
etwas geändert haben. Abonnenten der Süddeutschen Zeitung, die zugleich
die Junge Freiheit sich liefern lassen, dürften eine winzige Minderheit
bilden.
Anders als Kauder, Maas und Merkel geht es Hagen und
Rotermund aber nicht um repressive Massnahmen zur Sicherung der
bedrohten Diskurskontrolle. Sie setzen darauf, die neuen Medien mit
einer erheblichen Ausweitung öffentlich-rechtlicher Angebote zu fluten.
Sie folgen dem Vorschlage des ÖRF-Moderators Armin Wolf, “der dafür
plädierte, die bestehenden Plattformen mit dem Einsatz von sehr viel
mehr Personal als bisher massiv journalistisch zu bearbeiten.”
Mit erhabener Dreistigkeit wird hier die “Verstärkung der
Präsenz” im Netz zu einer Aufgabe geadelt, deren Erfüllung den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu einem zentralen Bollwerk der
Demokratie-Sicherung macht. In unauflöslicher Kumpanei mit der
herrschenden politischen Klasse verbunden und hinter den Wällen
höchstrichterlicher Urteile wohlverwahrt , sollen sich ARD und ZDF
bereit machen zu einer nächsten Expansionsrunde, die durch die schiere
Masse der eigenen Angebote den Gegner in die Unauffindbarkeit drückt.
Unternehmensstrategische Ziele treffen sich hier aufs schönste mit dem
Wunsch, Medien als volkspädagogisch wirkende Nannies beizubehalten.
Während die Presse auf Grund ihrer Abhängigkeit vom immer
volatileren Markt unter Druck geraten und möglicherweise der Versuchung
erliegen könnte, den “bislang bestehenden medienkulturellen Konsens”
selber aufzukündigen, ist der zwangsfinanzierte ö.-r. Rundfunk dagegen
gesichert und entschlossen, diesen Vorteil zu nutzen.
Die Offenherzigkeit, mit der hier Positionen vertreten
werden, die in der Sache auf Einschränkungen und Erschwernisse für ein
breites Meinungs- und Informationsangebot hinauslaufen, ist
kennzeichnend für die Aggressivität, mit der das herrschende juste
milieu auf die Provokation durch die neuen Volksbewegungen reagiert. Es
wächst dort die Neigung, die schwierige Kommunikation mit den Menschen
anderer Meinung abzubrechen oder nur noch sehr kanalisiert zuzulassen.
Wer die eigenen Bürger aber zu “Pack” erklärt oder sie schlicht für zu dumm hält, beschädigt die vielbeschworene “Debattenkultur” aber sicher mehr als der eine oder andere Internetrüpel.
http://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/landnahme-im-infowar/
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