by Florian Markl
Groß war die Aufregung, als im September 2006 in Wien eine Bombenattrappe vor dem Vereinslokal der Muslimischen Jugend, dem Jugendverband der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, gefunden und von der Polizei aus Sicherheitsgründen gesprengt wurde. Das Paket trug die Aufschrift „4. Juli 1926 Weimar“. Die Islamische Glaubensgemeinschaft stufte den „hasserfüllten und bedrohlichen Akt“ als „sehr ernst“ ein und erklärte, „sich von islamfeindlichen Umtrieben nicht einschüchtern lassen“ zu wollen. Von einem „offenbar rassistisch motivierten Anschlagsversuch“ wusste das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes zu berichten. Politiker und die üblichen Vertreter der Zivilgesellschaft zeigten sich äußerst besorgt und warnten allenthalben vor den Gefahren der „Islamophobie“.
Wenige Monate zuvor hatte die EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Xenophobie, mittlerweile umbenannt in Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, einen Bericht über „Muslime in der Europäischen Union. Diskriminierung und Islamophobie“ veröffentlicht, in dem ein alarmierender Überblick über „islamophobe“ Diskriminierung präsentiert wurde. Allein, der Teufel liegt im Detail: Die Experten der Beobachtungsstelle konnten beim besten Willen nicht einmal ansatzweise schlüssig definieren, was denn „Islamophobie“ eigentlich sein solle. So gaben die Autoren der Studie bereitwillig zu, dass es oftmals schwer falle, zwischen „islamfeindlichen“ und andersartigen Vorfällen zu unterscheiden. „Viele der in den nachfolgenden Abschnitten erwähnten Vorfälle lassen sich nicht eindeutig als ‚islamfeindlich’ charakterisieren – weder vor Gericht noch nach Laienmaßstäben.“ Der Gedanke, dass dieses Eingeständnis den gesamten Bericht ad absurdum führen könnte, ist den Experten der EU allerdings nicht gekommen. Auch die Tatsache, dass es aus kaum einem EU-Mitgliedsstaat verlässliche Daten zu „islamophoben“ Vorfällen gibt, konnte sie nicht abschrecken. Eine kreative Methode musste also entwickelt werden, um zu finden, was gefunden werden sollte: Weil es keine auch nur halbwegs soliden Informationen gibt, „bezieht sich die Mehrzahl der in diesem Kapitel dargestellten Fälle auf Vorkommnisse, die gegen Menschen aus überwiegend muslimischen Herkunftsländern gerichtet waren“. Sie haben richtig gelesen: „das Herkunftsland oder die Staatsangehörigkeit wurde stellvertretend als Näherungswert für die Zugehörigkeit zur muslimischen Religion/zum Islam gewertet“.
Was zu dieser methodischen Quacksalberei zu sagen ist, ist dem kürzlich veröffentlichen Verfassungsschutzbericht 2007 zu entnehmen: „Zur Auswahl der Opfer fremdenfeindlicher Tathandlungen ist festzustellen, dass die TäterInnen die Religionszugehörigkeit bislang nicht als primär relevanten Faktor betrachtet haben. Soweit sich in Österreich einschlägige Übergriffe gegen MuslimInnen richteten, waren diese bisher eher auf eine unterschwellige bis rechtsextrem motivierte allgemeine Ablehnung gegenüber AusländerInnen und Fremden zurückzuführen und nicht Ausdruck einer speziellen Islamfeindlichkeit“.
Dem Verfassungsschutzbericht ist übrigens auch zu entnehmen, wer für den vermeintlich islamophoben Angriff auf das Vereinslokal der Muslimischen Jugend in Österreich verantwortlich war: „Im November 2006 wurde ein österreichischer Staatsbürger, der zum Islam konvertierte, festgenommen. Motiv für die Tat war die Unzufriedenheit mit der moderaten Linie des Vereins.”
http://cafecritique.priv.at/blog/2007/07/26/islamophobe-gewalt/
No comments:
Post a Comment