Sunday, March 30, 2014

Wahlsieg für Erdogan: "Ihr werdet bezahlen!"

Die Türkei hat gewählt, es waren Kommunalwahlen am Sonntag, knapp 53 Millionen Menschen haben neue Lokalparlamente und Bürgermeister gewählt. Erdogan stand nicht zur Wahl, aber es ging trotzdem vor allem um ihn. Er selbst hatte diese Wahl, die erste seit den Gezi-Protesten im vergangenen Sommer, zu einem Referendum über sich erklärt. Am Montagmorgen steht fest: Er hat gewonnen. Nach Auszählung von 92 Prozent aller Stimmen liegt die AKP bei 44 Prozent - und damit mehr als fünf Punkte über dem Ergebnis der Kommunalwahlen von 2009. Erdogan hatte die 40-Prozent-Grenze als Hürde gesetzt, mindestens aber die 38,8 Prozent von den vergangenen Kommunalwahlen sollte seine AKP erreichen, sagte er. Die größte Oppositionspartei, die säkular-kemalistische CHP, erreicht 29 Prozent. Die AKP führt auch in Istanbul deutlich, in Ankara ist ihr Vorsprung knapper. Diese Hürde hat die AKP genommen. Die Menschen haben ihn gewählt, trotz der weltweiten Kritik an der Härte, mit der er die Polizei gegen die Gezi-Demonstranten losgehen ließ, trotz der Korruptionsaffäre, die die Regierung seit Dezember erschüttert, trotz der mehr als hundert heimlichen Gesprächsmitschnitte, die auf YouTube hochgeladen wurden und Erdogan und seine Regierung als korrupt und diktatorisch erscheinen lassen, trotz der Pressezensur und der Eingriffe ins Internet. Obwohl es ein eindeutiges Votum für Erdogan ist, droht dem Land mehr denn je die Spaltung. Die Gräben sind vertieft, und Erdogan scheint nicht daran interessiert, sie zuzuschütten. Im Gegenteil, er droht seinen Gegnern, weil sie "Chaos verbreitet" und "die Interessen der Türkei verraten" hätten. "Sie werden dafür bezahlen!", donnert er. "Ab morgen gibt es vielleicht Leute, die flüchten werden!" Man werde die Reihen der Feinde "durchdringen, und dann werden sie Rechenschaft ablegen müssen".
spiegel

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