Er hetzte einst im Neu-Ulmer Islamisten-Treff „Multikulturhaus“ im Namen Allahs gegen „Ungläubige“, jetzt ist Reda Seyam offenbar bei Kämpfen im Irak getötet worden. Nach übereinstimmenden Medienberichten starb der Deutsch-Ägypter am vorvergangenen Wochenende nahe der Stadt Mossul. Michael Keck, Leiter der Neu-Ulmer Kriminalpolizeiinspektion für Zentrale Aufgaben, und Kenner der Islamisten-Szene in der Region, bestätigte die Informationen über den Tod Seyams gegenüber unserer Zeitung. Weitere Erkenntnisse zu dem Fall lägen in Neu-Ulm allerdings nicht vor.
Wie es unter anderem beim Norddeutschen Rundfunk heißt, soll der frühere Sozialhilfeempfänger Seyam zuletzt zu einem hochrangigen Funktionär der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) aufgestiegen sein. Als eine Art „Bildungsminister“ soll er demnach an der vom IS kontrollierten Universität von Mossul und an Schulen im Einflussbereich der Islamisten unter anderem den Musik-, Kunst-, Erdkunde- und Sozialkunde-Unterricht verboten haben. Über die näheren Umstände des Todes Seyams gab es zunächst keine Informationen. Bekannt ist allerdings, dass kurdische Einheiten, sogenannte Peschmerga-Kämpfer, dem Vordringen der IS-Truppen in der Region Mossul erbitterten Widerstand leisten. Die IS-Terroristen kontrollieren in Syrien und im Irak große Gebiete und verbreiten mit grausamen Massakern an der Zivilbevölkerung Angst und Schrecken.
Dass erst jetzt bekannt wurde, welch steile Terror-Karriere der frühere Neu-Ulmer beim IS gemacht hatte, liegt offenbar daran, dass Reda Seyam zuletzt unter dem arabischen Kampfnamen „Dhul Quaranain“ auftrat, offenbar angelehnt an einen mythischen Feldherrn. Sowohl deutsche Sicherheitskreise als auch die irakische Regierung haben inzwischen den Tod von Reda Seyam alias Dhul Quaranain bestätigt.
Reda Seyam gehörte zu den prägenden Figuren der berüchtigten Islamisten-Szene von Neu-Ulm. Offenbar seit Anfang der 1990er Jahre verkehrte er im sogenannten „Multikulturhaus“ in der Lessingstraße im Industriegebiet. Reda Seyam galt in Sicherheitskreisen sogar als „Kopf“ des Multikulturhauses und charismatischer Werber für den „Heiligen Krieg“. Er wurde verdächtigt, Finanzier der Bombenanschläge von 2002 auf der Ferieninsel Bali gewesen zu sein, bei denen 202 Menschen starben, darunter sechs deutsche Urlauber. Vor Gericht stand Seyam wegen dieses Vorwurfs allerdings nie.
In Neu-Ulm lebte der siebenfache Vater mit seiner Frau von Sozialhilfe, fiel aber gleichzeitig durch seinen großen, teuren Geländewagen auf, mit dem er durch die Stadt fuhr. 2005 wurde das Multikulturhaus von den bayerischen Behörden geschlossen. Seyam verließ Neu–Ulm und zog zunächst in eine kleine Gemeinde im Alb-Donau-Kreis. Schließlich landete der bullige Mann mit dem auffälligen Bart in Berlin, wo er mit seiner Frau ebenfalls von Sozialleistungen lebte. Dort machte er bundesweite Schlagzeilen, als er in einem jahrelangen Rechtsstreit durchsetzte, seinen jüngsten Sohn „Dschihad“, zu deutsch „Heiliger Krieg“ nennen zu dürfen. Auch in Berlin trat Reda Seyam als Hetzer und Werber für den radikalen Islamismus auf – unter anderem produzierte er Propagandavideos. Er pflegte zudem enge Kontakte zu dem früheren Gangsterrapper „Deso Dogg“, mit bürgerlichem Namen Dennis Cuspert, der heute als „Abu Talha Al Almani“ in Syrien für den IS kämpft.
Wohl 2012 hat Reda Seyam Deutschland verlassen. Über sein Geburtsland Ägypten und die Türkei ist er schließlich nach Syrien und in den Irak gelangt, wo ihm in der berüchtigten, für zahlreiche Massaker verantwortliche Terrororganisation IS offenbar ein steiler Aufstieg gelang.
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