Die Sakristei (sacer = lat. heilig) ist der Ort neben dem Altarraum
der Kirche. Ein 21-jähriger Asylbewerber aus Nigeria steht im Verdacht,
am Samstag, 19. Dezember, um 10.30 Uhr eine Mitarbeiterin der Pfarrei
St. Andreas im oberbayerischen Wellheim (Landkreis Eichstätt) in der
Sakristei überfallen zu haben. Die Kirchenmitarbeiterin hatte lediglich
Glück gehabt, dass durch ihre Hilferufe ein Zeuge auf die Situation
aufmerksam geworden war und zu Hilfe eilte, so dass der Täter Reißaus
nahm. Pfarrer und Bürgermeister sprechen von versuchter Vergewaltigung,
im Polizeibericht vom Mittwoch, 24. Februar, liest sich das deutlich
harmloser.
„Mit heruntergelassener Hose sexuell bedrängt“ worden sei die Frau,
heißt es da lediglich. Immerhin reichte das nun - mehr als zwei Monaten
nach der Tat - zu einer Festnahme. „Die Kriminalpolizei Ingolstadt
konnte einen 21-jährigen Tatverdächtigen ermitteln, der im Verdacht
steht, sowohl für einen sexuellen Übergriff in der Wellheimer
Pfarrkirche als auch für sexuelle Belästigungen einer Mitarbeiterin
eines Altenheims in Eichstätt verantwortlich zu sein“, teilt das
Polizeipräsidium Oberbayern Nord in einer Pressemitteilung mit. Gegen
den Mann wurde Haftbefehl erlassen.
Dass so viel Zeit verstrichen ist, begründet die Polizei damit, dass
die Geschädigte aus Wellheim den Fall nicht angezeigt hatte. In Gang
kamen die Ermittlungen erst durch Zeitungsberichte und entsprechende
Anfragen der Journalisten, ob der Polizei der Fall der versuchten
Vergewaltigung in der Kirche angezeigt worden war. Den Vorfall hatte der
Pfarrer erwähnt, der unter Druck geraten war, weil er in einem sozialen
Netzwerk zwei Beiträge, die ursprünglich von einer als
rechtsextremistisch eingestuften Quellen stammten, mit dem Haken
„Gefällt mir“ versehen hatte. Für diesen Fehler hatte umgehend Besuch
vom Verfassungsschutz bekommen. Bis die Polizei „von Amts wegen die
Ermittlungen zu diesem Sexualdelikt“ aufnahm, brauchte es allerdings
mehrere Zeitungsartikel und Presseanfragen. Weil keine Anzeige vorlag,
wie Pressesprecher Hans-Peter Kammerer auf Nachfrage erklärte.
Sehr wohl angezeigt hatten allerdings zwei Mitarbeiterinnen der
Gemeindeverwaltung Wellheim denselben Mann wegen sexueller Belästigung,
ebenfalls bereits im Dezember. „Am Tag darauf wurde er vom Landratsamt
aus Wellheim wegverlegt“, berichtet Bürgermeister Robert Husterer. Dabei
habe es sich keineswegs nur um verbale Belästigung gehandelt. Der
Nigerianer war mehrfach unmissverständlich aufgefordert worden „Don't
touch the ladies“. Was ihn aber nicht von Tätlichkeiten abhielt.
„Ansonsten verstand er aber sehr gut Englisch“, sagt Husterer. Die
Polizei muss allerdings erst noch überprüfen, „ob es sich auch hier um
ein strafrechtlich relevantes Delikt handelt“, so die Polizeimeldung.
Nach der Anzeige hatte es Husterer und seinen Mitarbeiterinnen gegenüber
geheißen, die Staatsanwaltschaft werde ermitteln und sich dann wieder
bei den Betroffenen melden.
Nur wenige Tage, nachdem der Tatverdächtige in die nahegelegene
Kreisstadt Eichstätt verlegt worden war, am 30. Dezember, belästigte er
dort eine Altenheimmitarbeiterin. Davon ist dem Eichstätter Landratsamt,
das für die Verlegung zuständig ist, zunächst nichts bekannt geworden,
erklärt Pressesprecher Manfred Schmidmeier. Bereits am 23. Dezember war
der Nigerianer von Wellheim nach Beilngries verlegt worden. „Nachdem es
dort wieder zu Unruhen kam, haben wir ihn am 28. Dezember nach Eichstätt
verlegt“, fährt Schmidmeier fort, denn dort, in der ehemaligen
Erstunterkunft mit Platz für 100 Personen, „haben wir den besten
Zugriff“. Seitdem war ihm nichts mehr bekanntgeworden. Diese Unterkunft
sei auf jeden Fall Endstation, weitere Optionen gäbe es nicht. „Dann ist
das eben so“, antwortet er auf die Frage, welche Optionen das
Landratsamt bei weiteren „Unruhen“ durch solche notorischen Täter habe.
„Wir waren natürlich erst einmal erleichtert, dass er verlegt wurde
und es bei uns wieder ruhig war“, sagt Bürgermeister Husterer, der es
zugleich sehr bedauert, dass es gleich darauf den nächsten Vorfall am
neuen Aufenthaltsort gegeben hat. „Das Problem wurde nur verlagert“,
räumt er ein. Er persönlich würde sich für solche Wiederholungstäter
wünschen, dass sie schneller abgeschoben werden. Hinzu kommt im Fall des
Nigerianers, dass die Bleibeperspektiven ohnehin gering sind. „Wir
leben in einer freiheitlichen Demokratie – keine Frau bei uns muss sich
anfassen lassen“, findet Husterer, „wenn ich mir so etwas erlauben
würde, wäre ich weg als Bürgermeister“. Er fordert Gleichbehandlung der
Migranten mit den Einheimischen. Von Zuwanderern müsse erwartet werden,
dass sie sich an unsere Regeln hielten, ganz besonders in ihrem
Verhalten Frauen gegenüber.
Der Beschuldigte, der sich nun in Untersuchungshaft befindet, war
zuvor bereits im Raum Fürstenfeldbruck „wegen Beleidigung auf sexueller
Basis und Hausfriedensbruch in einer dortigen Asylbewerberunterkunft in
Erscheinung getreten“, teilte Polizeisprecher Kammerer mit.
Soweit die Fakten. Es bleiben einige Fragen.
Köln, so scheint es, ist überall.
Frauen zeigen sexuelle Übergriffe verzögert an, die Polizei hat es
nicht eilig zu ermitteln, und noch weniger eilig, Straftaten in ihren
Polizeimeldungen zu veröffentlichen. Fragen wirft auch das Vorgehen des
Landratsamtes auf. Warum wird ein Mann, der mehrfach Frauen (vor
Zeugen!) belästigt hat, einfach nur weitergeschoben? Und auch, als er
dort wieder auffällig wird, passiert nichts?! Jedenfalls zwei Monate
lang.
Ohne den Fauxpas des Pfarrers wäre dieser Serientäter wohl noch auf
freiem Fuß und würde weiter Frauen belästigen – bis eines Tages eben
niemand mehr helfend eingreifen und er sein Werk vollenden kann. Wird
der Rechtsstaat nun durchgreifen? Zweifel sind angebracht. Vollmundig
haben Politiker aller Couleur nach den Vorfällen in der Kölner
Silvesternacht Abschiebungen für Straftäter versprochen. Ein
Vergewaltigungsversuch in einer Sakristei ist eine neue Dimension - wie
die Vorgänge in Köln. Wo bleibt der Aufschrei der sonst so schnell
empörten Mainstream-Vertreter, die sofort da sind, wenn irgendwo ein
rechtsradikaler Hintergrund vermutet wird?
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