Friday, February 14, 2014

Das Schweigen des Besserwissers

Mit seiner nach eigener Wertung “pro-israelischen” Rede im israelischen Parlament hat Martin Schulz als deutscher Sozialdemokrat und Präsident des Europäischen Parlaments versucht, den Eindruck zu erwecken, er habe ein Interesse an den Lebensumständen von “Palästinensern”.
“Die Palästinenser”, formulierte Martin Schulz, “haben genauso wie Israelis ein Recht auf Selbstbestimmung und Gerechtigkeit.” Das stimmt zweifellos. Und es stimmte sogar, hätte der Redner erklärt, “die Palästinenser haben ein Recht auf Selbstbestimmung und Gerechtigkeit”.
Und das hängt sicherlich nicht ausschließlich davon ab, ob einem “Palästinenser” 70 oder 100 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung stehen. Martin Schulz freilich, Präsident eines Parlaments mit nur ungefähr 5.000 Mitarbeitern, konnte “die genauen Zahlen nicht nachschlage[n]“ und nannte falsche.
Selbstbestimmung zeigt sich gewiß auch darin, ob eine Bevölkerung sich ihre Repräsentanten wählen oder diese wieder abwählen kann. “Palästinenserpräsident” Abu Mazen hat vor wenigen Tagen das neunte von vier Amtsjahren beendet und “regiert” nun schon im zehnten.
Wie steht es aber um die Gerechtigkeit zu Beginn dieses neuen Amtsjahrs, soweit Abu Mazen sie zu verantworten hat? Die “palästinensische” Independent Commission for Human Rights (ICHR) hat in dieser Woche ihren Bericht für Januar vorgelegt, in dem es auszugsweise heißt:
“Cases of torture and ill treatment during detention continued. Furthermore, it increased in the centers of the Preventive Security Agency in the West Bank. [..]
ICHR received complaints of violations of the right to appropriate legal procedures during detention in breach of guarantees to a fair trial, which are enshrined in the basic law.
ICHR received complaints concerning expropriation of citizens’ property by security agencies in the West Bank without judicial order.
ICHR received a number of complaints of violations concerning the right to freedom of expression, press, peaceful assembly and academic freedoms.”
Nicht jedoch fortgesetzte Folter in Gefängnissen der “Regierung” in Ramallah, systematisches Fehlverhalten ihrer “Sicherheitskräfte” oder nicht seltene Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten, bewegten Martin Schulz. Er meinte, ungeprüften Zahlen nennen und Abu Mazen loben zu müssen:
“In den vergangenen Jahren haben Mahmud Abbas und Salam Fayyad auf der Grundlage der beeindruckenden ‘No-violence’-Politik moderne Institutionen aufgebaut sowie für Ordnung und Sicherheit gesorgt.”
Salam Fayyad trat übrigens im Frühjahr 2013 als “Ministerpräsident” zurück und erklärte seine Entscheidung später so: “It is incredible that the fate of the Palestinian people has been in the hands of leaders so entirely casual, so guided by spur-of-the-moment decisions, without seriousness.”
Martin Schulz sind Selbstbestimmung und Gerechtigkeit für “Palästinenser” tatsächlich gleichgültig.
 tw24

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