Sunday, June 02, 2013

Dokumentation: „Kauft nicht bei Juden“ bedeutet „Kauft nicht bei Juden“

Offener Brief zur Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die EU und nach Deutschland“

Sehr geehrte Frau Beck,
als Delegierte unserer Stuttgarter DIG-Arbeitsgemeinschaft haben wir auf der DIG-Hauptversammlung vor drei Jahren den einstimmigen Beschluss aller Bundestagsfraktionen kritisiert, der Israel im Zusammenhang mit der Provokation durch die „Mavi Marmara“ das Recht abspricht, die eigenen Grenzen zu sichern. Sie haben damals als DIG-Vizepräsidentin erklärt, der Beschluss sei im Nachhinein gesehen ein Fehler gewesen. Dass Sie nun mit Ihrem Namen in einer Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion den Boykott Israels unterstützen, enttäuscht uns. Ich schreibe Ihnen im Namen des Vorstands der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Stuttgart und Mittlerer Neckar.
Ihren Boykottaufruf als „Ermöglichung informierter Kundenentscheidungen“ zu bemänteln, ist durchsichtig. „Kauft nicht bei Juden“ bedeutet „Kauft nicht bei Juden“.
Sie sprechen von den „besetzten Gebieten“. Bitte erklären Sie uns, wie der Staat heißt, dessen Gebiete Israel angeblich besetzt. Britisches Mandatsgebiet? Das war einmal. Jordanien? Will das Westjordanland aus Angst um die eigene Sicherheit nicht geschenkt haben. Palästina? Ist nicht mehr als ein UN-Beschluss, ein Gebilde mit Beobachterstatus, ohne definiertes Territorium, ohne definierte Grenzen und Bevölkerung, ohne Führung und ohne Volonté générale. Fatah und Hamas bekriegen sich, Abbas Amtsperiode ist seit Jahren abgelaufen, sein Regierungschef hat das Handtuch geworfen.
Die Siedlungen seien illegal und würden die Zwei-Staaten-Lösung unmöglich machen, wird in der Anfrage zustimmend zitiert. In Folge des 67er Krieges, in dem die arabischen Staaten Israel liquidieren wollten, verwaltet Israel Teile des Westjordanlandes, andere Teile stehen unter palästinensischer Autonomie. Letztere gab es übrigens noch nie zuvor in der Geschichte. Das israelische Ziel, Land gegen Frieden und Sicherheit abzugeben, scheitert seither immer wieder an der arabisch/palästinensischen Weigerung, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Wer erklärt, die Anwesenheit von Juden im Westjordanland verunmögliche eine Zwei-Staaten-Lösung, will das Westjordanland als judenfreie Zone. Wie sich das Leben in einer judenfreien Zone gestaltet, empfehlen wir im Gazastreifen, im heutigen Ägypten oder Syrien zu studieren.
Sie verlangen von der Bundesregierung, dass sie Richtlinien für Israel erlässt, wonach Produkte aus israelischen Siedlungen im Westjordanland besonders gekennzeichnet werden müssten. Es gab schon viele deutsche Richtlinien, die Juden zwangen, sich aus- und abzugrenzen. Wollen Sie diese Traditionslinie wirklich wieder aktivieren?
Wir empfehlen Ihnen, die Folgen eines Boykottaufrufs für palästinensische Arbeitsplätze im Westjordanland zu bedenken. Vom Warenexport aus den jüdischen Siedlungen hängen über 30.000 Arbeitsplätze von Palästinensern ab. Und diese Arbeitsplätze werden deutlich besser entlohnt als die arabischer Arbeitgeber. Offensichtlich lassen sich die Antragsteller/-innen von obsessiver „Israel-Kritik“ leiten. Die Folgen für palästinensische Menschen sind ihnen egal.
Wir erinnern Sie an die Beschlusslage der DIG, die auf ihrer letzten Hauptversammlung im Oktober 2012 „Aktivitäten (verurteilte), die zum Boykott Israels aufrufen oder Israel als Apartheidstaat delegitimieren. Sie messen Israel mit zweierlei Maß. Kein Land wird so verleumdet wie das jüdische. Aus der Geschichte wissen wir, der Verleumdung folgt die Vernichtung. Wer Israel delegitimiert, will Israel als jüdischen Staat zerstören. Solche Positionen sind unvereinbar mit den Zielen und der Mitgliedschaft in der DIG.“
Wenn Sie um Wählerstimmen derjenigen werben wollen, die Israel alles Schlechte der Welt andichten, fragen wir uns, welchen Sinn Sie in Ihrer Mitgliedschaft in der DIG sehen. Wir hoffen, dass Sie Ihre Position noch einmal überdenken und sich von der Anfrage distanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Bärbel Illi

haolam

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