Monday, September 25, 2017

Gedankengänge: Der Tag nach der Bundestagswahl

Wie die gestrige Bundestagswahl gezeigt hat, ist es für die selbsternannten Volksparteien auch dann nicht leicht, unpopulär zu sein, wenn ihre politischen Verantwortungsträger das nicht wahrhaben möchten.


von Ramiro Fulano

Erinnern wir uns kurz, wie es zum gestrigen Wahlergebnis kam, liebe Leserinnen und Leser: Vier Jahre lang wurde von Frau Dr. Merkel und ihrer GroKo aus Union und SPD eine „alternativlose“ Politik gemacht. Erst wurden die deutsch-russischen Beziehungen ruiniert (Stichwort Ukraine), dann die deutsch-amerikanischen (Stichwort Trump) und schließlich die deutsch-britischen (Stichwort Brexit).

Nebenbei wurden Millionen  nach Deutschland eingeladen, die überwiegend aus Somalia, Eritrea und Nigeria stammten, sich aber angeblich auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg befanden und auf Kosten der deutschen Steuerzahler regelmäßig wochenlang Urlaub in ihren Heimatländern machen durften, obwohl sie dort ganz schrecklich „verfolgt“ wurden – so stand es zumindest im Asylantrag.

Und nun wundert sich das politische Personal dieser Republik, dass es dafür die Quittung bekommen hat. Man fühlt sich vom Wähler missverstanden, ungerecht behandelt und jammert über die „Alternative für Deutschland“. In zweckdienlicher Hysterie sieht man bereits den ersten Fackelzug durchs Brandenburger Tor marschieren. Meinungsfreiheit ist eben eine tolle Sache, wenn alle derselben Meinung sind, nicht war, lieber linkalsternativer polit-medialer Mainstream?

Am leichtesten fiel es gestern Abend der CDU, ihr Wahldebakel wegzulächeln, aber die noch immer größere der beiden Unionsparteien war eben noch nie für ihre Intelligenz berühmt. 32,9% und 246 Mandate klingen ja erstmal ganz nett und proper, aber nachdem ihr über 8% der Wähler den Rücken gekehrt haben, ist die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag auch um ein Fünftel kleiner – mit allen daraus resultierenden persönlichen Unbequemlichkeiten.

Und obwohl gerade über siebzig ehemalige CDU-Abgeordnete „voll muttiviert“, also vom demokratischen Souverän überflüssig gemacht wurden, jubilierte die augenscheinlich jungunionale Klatschmasse im Adenauer-Haus gestern vor laufenden Fernsehkameras so frenetisch, als ob ihre Partei den Grand Prix der Eurovision gewonnen hätte. Es konnte der Eindruck entstehen, als hätte man es bei der CDU nicht mit einer politischen Partei, sondern mit einer Sekte zu tun - mit der Mutti-Sekte, genauer gesagt.

Mal sehen, wer in vier Jahren „voll muttiviert“ wird und was danach von der Union übrigbleibt, wenn Guru-Angie noch mal 8% „ihrer“ Wählerinnen und Wähler dank „alternativloser“ Politik in die politische Wüste schickt. Aber dass die CDU gut darin ist, Schminke auf ein Schwein zu schmieren, hat sie gestern Abend mal wieder bewiesen.
Apropos Schminke: Im Willy-Brandt-Palast der sozialen Gerechtigkeit hatten die Vorstände der anderen unpopulären deutschen Volkspartei, der SPD, sich zu einer ersten Stellungnahme wie eine Barrikade aus Finanzamtsangestellten und Kindergärtnerinnen um ihren Spitzenkandidaten gruppiert. Man stand solidarisch zusammen und bemühte sich, gelassen und entspannt zu wirken, sah aber aus wie eine Schulklasse, die die Hosen gestrichen voll hat, weil sie zum ersten Mal im Leben die Erfahrung machen musste, dass die wirkliche Welt nach ganz anderen Regeln funktioniert, als man es ihr im auf der Papageienschule beigebracht hatte.

Dabei sind die Sozialkleptokraten gestern noch glimpflich davongekommen, immerhin steht noch eine zwei vor dem Komma. Nachdem die Genossen ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1949 kassiert haben, zogen sie daraus interessanterweise den Schluss, dass die SPD einfach viel zu gut ist für dieses Land. Wie eine beleidigte Leberwurst klopfte ein krautiger Martin Schulz die üblichen Plattitüden über die Erneuerung seiner Partei in der Opposition platt und fantabulierte über seinen heißen Kaffeeatem von der SPD als selbsternanntem „Bollwerk der Demokratie“ – das wieder mehr so wie die AfD werden will.

Um nicht länger von einer schnöden Wirklichkeit behelligt zu werden, die ihm gerade bewiesen hatte, wie überflüssig er tatsächlich ist, zog Genosse Schulz sich daraufhin beleidigt in seine Gemächer zurück – vermutlich, um ein bisschen mit Jean-Clown Juncker zu telefonieren. Man träumt eben nie so schön wie kurz vor dem Aufwachen.

Bei der FDP hingegen war der Jubel fast so groß, wie bei der AfD. Immerhin hatten die Liberalen fast ihr ganzes Wahlprogramm dort abgeschrieben. Herr Lindner gab sich dennoch bemüht, sich nicht zu sehr um Regierungsverantwortung zu drängeln, nachdem ihm Genosse Schulz zuvor bereits nach der Devise „sei mutig, lass mich hintern Baum“ an der Mutti-Front den Vortritt gelassen hatte.

Nun hat die moderne FDP eine traurige Geschichte adrett wirkender junger Männer, die vom Koalitionsdschungel verschluckt und vier Jahre später in einer weniger manierlichen Form wieder ausgespien werden – ich denke da an Phillip Rösler, dessen politisches Finale mich manchmal an das künstlerische Ende von Britney Spears erinnert.
Ich könnte es verstehen, wenn Herr Lindner sich so teuer wie möglich verkaufen möchte, bevor er sich für einen ähnlichen Lebensweg entscheidet, und bin mir sicher, dass ihm das Selbstmarketing auch gelingt. Aber vielleicht liest er vor den Koalitionsverhandlungen besser „The Art of the Deal“, oder lässt sich von seinen Praktikanten wenigstens eine kluge Zusammenfassung schreiben.

Welche politischen Errungenschaften für Germany dabei herausspringen, wenn Lindners puppenlustig-liberalen Leistungsträger im Kanzlerbunker mitmischen dürfen, bleibt abzuwarten. Vielleicht eine neue Steuersenkung, nur diesmal nicht nur fürs Hotelgewerbe, sondern auch für die Gastronomie? Irgendwie scheint sich in der FDP heutzutage vieles darum zu drehen, wie man seine Mittagspause möglichst billig verbringt…

Obwohl sie sich zuvor mit der „Links“-Partei ein spannendes Duell um den letzten Platz in der Wählergunst geliefert hatten, wurden die Ökopathen schließlich mit dem Regierungsauftrag belohnt. Kein Wunder: Wenn es darum geht, Wirtschaft und Verbrauchern in den nächsten Jahren „klimapolitisch“ in die Portemonnaies zu greifen, stellt sich niemand so geschickt an, wie die Grünen. Sonst könnte bei der linksalternativen Umverteilung von unten nach oben womöglich etwas verrutschen.

Nachdem es in Umfragen lange so aussah, als könnten die Grünen an der 5%-Hürde scheitern, schmeckten ihnen ihre Bio-Delikatessen zum Preis von zehn Durchschnittsrenten gestern Abend bestimmt noch mal so gut. Und auch die Links-Partei kann sich auf der Basis des gestrigen Wahlergebnisses mit dem Wahn trösten, noch immer irgendwie gebraucht zu werden – fragt sich nur von wem und wozu.

Da fehlt doch was? Ach ja richtig, die AfD. Sie hat es nach ihrer Wiedergeburt als Anti-Masseneinwanderungs- und Anti-Islamisierungs-Partei zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag geschafft. Bundesweit sind es knapp 13%, im Osten sind es über 21, womit sie dort bereits zweitstärkste Kraft ist, hinter der CDU, aber vor SPD und „Links“-Partei. Sie kommt auf 94 Abgeordnete und gewann drei Direktmandate. All das beweist sicher vieles, vor allem aber, dass es eine ziemlich große Marktlücke gibt im etablierten Angebot der politischen Ansichten und Meinungen.
Die AfD ist natürlich skandalös und der Untergang des Abendlandes, wenn man die vom Staatsfunk und den Qualitätsmedien geordneten, ruhigen Zeiten gewöhnt ist, die das politische Leben so miefig, piefig, kleinkariert machen, wie man es sich als linkalsternativer Kleinbürger und staatstragender Publizist nun mal wünscht. Aber dank der praktischen Regierungsarbeit in den letzten vier Jahren leben wir nicht mehr in geordneten, ruhigen Zeiten, auch wenn die etablierten Parteien uns selbstverständlich einreden möchten, dass es so wäre, weil sie für alles andere keine Konzepte haben.

Ob die AfD diese Konzepte hat, wird sich zeigen. Vor allem, ob das Personal stimmt. Immerhin möchte im Gegensatz zu Herrn Gauland nicht jeder stolz auf die Verbrechen der deutschen Wehrmacht sein. Und wenn der nächste Bundestag nicht von einem Abgeordneten eröffnet würde, der den Holocaust für einen „Mythos“ hält, wäre das sicher eins der erfreulicheren Ergebnisse dieser Bundestagswahl.

 https://haolam.de/artikel_30958.html

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