Wednesday, January 23, 2013

Detmold: Vater wegen Ehrenmord vor Gericht

Im ersten Prozess, als fünf erwachsene Kinder der Familie Ö. verurteilt wurden, blieb sein Platz auf der Anklagebank leer. In den Augen der Ankläger galt er immer als Beschuldigter, sein Verfahren wurde aber abgetrennt. Jetzt muss sich der 53-jährige Vater Fendi Ö. vor dem Landgericht Detmold verantworten. Er soll seine Kinder angestiftet haben, die 18-jährige Tochter Arzu zu entführen und umzubringen. Der Prozessbeginn an diesem Montag (28.1.) dürfte für manchen zum Déjà-vu werden: Der gleiche Fall, der gleiche Richter, der gleiche Saal. Auch viele der 23 Zeugen und die drei Sachverständigen sind schon im ersten Prozess aufgetreten. Am Ende wurden damals die fünf angeklagten Geschwister zu langen Haftstrafen verurteilt, an der Spitze der 22-jährige Osman, der die tödlichen Schüsse gestanden hatte. Die Geschwister hatten zugegeben, Arzu entführt zu haben. Die Tötung sei aber nicht geplant gewesen. Das Gericht sprach dagegen von einem „Ehrenmord“. Denn Arzu hatte eine verbotene Liebesbeziehung zu einem Deutschen, einem Bäckergesellen. Die Familie gehört zur Glaubensgemeinschaft der Jesiden. Und die dürfen eigentlich nur Partner haben, die ebenfalls Jesiden sind. Fendi Ö. kam 1985 nach Deutschland, mit seiner Frau und dem ersten Kind, der Tochter Sirin. In Detmold galt die Familie mit den zehn Kindern als vorbildlich integriert. Sirin stand bei der Stadtverwaltung vor einer Karriere. Dann in der Nacht zum 1. November 2011 das Unfassbare: Die fünf Geschwister dringen in die Wohnung von Arzus Freund ein, schlagen ihn nieder und entführen die kleine Schwester. Erst Monate später wird ihre Leiche bei Hamburg gefunden. Staatsanwalt Christopher Imig geht davon aus, dass Vater Fendi sie dazu angestiftet hat. Selbst wenn es am Ende „nur“ zu Beihilfe zum Mord reichen sollte, müsse Fendi Ö. mit drei bis 15 Jahren Haft rechnen, sagt er.
Mehr...

No comments: