"Wir beneiden die Israelis. Unsere Führer wollen keine Wahlen. Sie wollen für immer im Amt bleiben", sagt ein langjähriger palästinensischer Journalist aus Ramallah.Während die Israelis sich dazu anschicken, am 17. März zu den Wahlurnen zu gehen, fragen sich viele Palästinenser im Westjordanland und dem Gazastreifen, ob auch sie eines Tages in den Genuss des Privilegs gelangen werden, freie und demokratische Wahlen abzuhalten.
Die Wahrheit ist, dass weder die Fatah noch die Hamas ein Interesse an einer Neuwahl des Parlaments und des Präsidenten haben – beide Seiten haben ihre jeweiligen Gründe dafür.
In den vergangenen Wochen starteten Palästinenser eine Kampagne, in der sie ebendies fordern. Bislang aber stößt sie auf taube Ohren.
Den Palästinensern bleibt also nichts anderes übrig, als abzuwarten und mit Neid auf die Wähler in Israel zu blicken, die ihr Recht ausüben, neue Vertreter zu wählen.
Das Durchschnittsalter in der PLO-Führung beträgt 75 Jahre. Auch in der Hamas haben seit zwei Jahrzehnten dieselben Köpfe das Sagen.
Die letzten Wahlen, bei denen die Palästinenser ihre Stimme abgeben durften, waren die zum Parlament, dem Palästinensischen Legislativrat, im Januar 2006. Die Abstimmung brachte einen Sieg der mit der Hamas verbundenen Liste "Wandel und Reform".
Genau ein Jahr zuvor hatten die Präsidentschaftswahlen stattgefunden, die Fatah-Chef Mahmoud Abbas an die Macht brachten.
Ein
Mann, eine Stimme, einmal und nie wieder? Hamas-Führer Ismail Haniyeh
(links) und Fatah-Führer Mahmoud Abbas (der auch Präsident der
Palästinensischen Autonomiebehörde ist) bei der Stimmabgabe bei den
letzten Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat im Jahr 2006.
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Doch wegen des Zerwürfnisses zwischen der Fatah und der Hamas, das 2007 im gewaltsamen Putsch der Hamas im Gazastreifen gipfelte, fand weder die eine noch die andere Wahl jemals statt.
Die israelischen Parlamentswahlen in der kommenden Woche werden die vierten sein, die seit 2006 abgehalten werden – dem Jahr, als die Palästinenser zum letzten Mal bei sich Wahlkabinen zu Gesicht bekamen.
Dafür, dass es keine Wahlen mehr gibt, machen die beiden rivalisierenden palästinensischen Parteien sich gegenseitig verantwortlich.
Er sei bereit, Neuwahlen auszurufen, wenn die Hamas diesem Schritt zustimme, sagte Abbas letzte Woche in einer Rede vor dem Zentralrat der PLO in Ramallah – die Hamas habe daran aber kein Interesse, fügte er hinzu.
Ein Sprecher der Hamas, Sami Abu Zuhri, entgegnete, Abbas sei derjenige, der Neuwahlen blockiere und so die mit der Hamas im letzten Jahr unterzeichnete Versöhnungsvereinbarung breche.
Die Wahrheit ist, dass weder die Fatah noch die Hamas ein Interesse an einer Neuwahl des Parlaments und des Präsidenten haben – beide Seiten haben ihre jeweiligen Gründe dafür.
Die Fatahbewegung von Abbas leidet weiterhin an internen Querelen und Parteikämpfen, die sich nach dem Tod des früheren Führers Jassir Arafat im November 2004 verstärkt haben. In den letzten Jahren wurden etliche hochrangige Fatah-Führer im Westjordanland und dem Gazastreifen ausgeschlossen, weil sie Abbas und die Vertreter der alten Garde kritisiert hatten.
Das Anti-Abbas-Lager innerhalb der Fatah wird von Mohamed Dahlan angeführt (und offenbar auch finanziert), einem früheren Kommandanten des Sicherheitsapparats im Gazastreifen, der derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten residiert.
Auch Dahlan und seine Getreuen beschuldigen Abbas, sich Anstrengungen zu Neuwahlen im Westjordanland und dem Gazastreifen zu widersetzen. Sein einziges Ziel, behaupten sie, sei es, bis zum Ende seines Lebens an der Macht zu bleiben.
Neben den internen Machtkämpfen bleibt es für die Fatah eine große Herausforderung, ihre Glaubwürdigkeit unter den Palästinensern wiederherzustellen, insbesondere angesichts ihres Versäumnisses, weitreichende Reformen durchzuführen und die Führung zu verjüngen.
Aufgrund von "scharfen" Meinungsverschiedenheiten unter den Fatah-Führern scheiterte Anfang des Jahres der Versuch, die siebte Konferenz der Fatah abzuhalten, auf der neue Vertreter hätten gewählt werden sollen.
Solange die Hamas die Macht im Gazastreifen habe, sei es ohnehin unmöglich, Neuwahlen abzuhalten, sagen Fatah-Führer. Es gebe keine Gewähr dafür, dass die Hamas ein demokratisches und freies Votum zulassen würde, insbesondere in Anbetracht ihres weiterhin harten Vorgehens gegen Unterstützer der Fatah im Gazastreifen.
Gleiche Töne kommen von der Hamas: Sie sei gegen Neuwahlen, weil sie Abbas und der Fatah nicht traue; es könne keine freien Wahlen geben, solange die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland jede Woche Dutzende Hamas-Anhänger verhafteten.
Während die Hamas und die Fatah sich gegenseitig bekämpfen, haben einige Palästinenser eine Initiative gestartet, mit der sie beide Parteien dazu drängen wollen, ihren Zwist beizulegen und Neuwahlen im Westjordanland und dem Gazastreifen zuzustimmen.
Dunya Ismail, die die Kampagne mitorganisiert, sagt: "Jeder Palästinenser sollte sich von Verzweiflung und Frustration freimachen und sich den Bemühungen anschließen, Druck auf die politische Führung auszuüben, damit es so schnell wie möglich Neuwahlen gibt." Um ihre Botschaft unters Volk zu bringen, gehen sie und ihre Mitstreiter auf die Straße, bislang allerdings mit wenig Erfolg.
Es ist unwahrscheinlich, dass es in nächster Zeit Neuwahlen geben wird. Der offenbar immer heftiger werdende Machtkampf zwischen Hamas und Fatah hat den Traum der Palästinenser vom Aufbau einer freien und demokratischen Gesellschaft zerstört.
"Wir sagen all die schlimmen Dinge über Israel, aber wenigstens genießen die Leute dort Demokratie und haben das Recht zu wählen", sagt ein langjähriger Journalist aus Ramallah.
"Wir beneiden die Israelis. Unsere Führer wollen keine Wahlen. Sie wollen für immer im Amt bleiben."
gatestoneinstitute
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