„Es gibt Anweisungen, unseren
Interpretationsspielraum so zu nutzen, damit der zivile Frieden gewahrt
bleibt“, sagt Schwarz. Der Beamte beklagt, dass er Fälle wie die blutige
Schlägerei herunterspielen und verharmlosen soll. Bei zu vielen
schlechten Nachrichten aus den Flüchtlingslagern könnte die Stimmung
kippen. Die Befürchtung: Rechte Schreihälse warteten nur auf bestätigte
Vorurteile und Futter für ihre ideologische Kurzatmigkeit. Lange hat
Schwarz geschwiegen. Jetzt hält er es für seine Pflicht zu sprechen.
„Es
wird nicht gelogen, nichts vertuscht, aber es werden ganz bewusst Dinge
weggelassen. Das ist das Problem“, sagt Schwarz. „Ich musste das mal
loswerden.“[...]
Vor Kurzem hat Schwarz seinem Innenminister
gegenübergesessen, sagt er. Es ging um die Vorarbeiten zur polizeilichen
Kriminalitätsstatistik, um die Frage von auffälliger Straffälligkeit in
und um Flüchtlingszentren. Man könne der Bevölkerung nicht zumuten,
dass ein Ergebnis herauskomme, mit dem bestätigt werde, dass es eine
Häufung von sexueller Gewalt, von schwerster Körperverletzung gebe. „Das
wäre ein schlechtes Ergebnis“, so hat Schwarz den obersten Dienstherrn
verstanden.
Das hat er so auch an seine
Leute weitergegeben. Dann würden Statistikfilter ein wenig anders
gesetzt, manche Zahlen würden verspätet geliefert, es würde kaschiert,
weggedrückt und umbenannt. Das Wort „Ehrenmord“ kommt in den Protokollen
nicht vor. Im Polizeideutsch lässt sich manches verpacken, nicht
falsch, aber eben auch ohne Ecken und Kanten. „Wir nutzen den
Interpretationsspielraum so, dass der zivile Frieden gewahrt bleibt“.
Schwarz stürzt das häufig in enorme Gewissensbisse. „Man muss seinen
Ermessensspielraum so ausnutzen, dass man nicht lügt, aber die
Sensationsgeier kein Trittbrett erhalten.“ Aber die kalte Wahrheit der
Statistik werde geschönt.
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