Muslimische Schüler wollen plötzlich während des Unterrichts beten.
Sie gehen nicht mit auf Klassenfahrten oder zum Schwimmen. Sie hüllen
sich in lange Kleider und binden ihr Kopftuch strenger. Und dann
erzählen sie von Verwandten, die als Kämpfer nach Syrien gereist sind.
Viele Lehrer sind verunsichert, seitdem radikal-islamische Salafisten
immer mehr Zulauf von Jugendlichen erfahren. Wann droht ein Schüler in
Islamistenkreise abzugleiten? Wie können Pädagogen das verhindern? Auf
einer Fortbildung in Bremen suchen sie am Donnerstag nach Antworten.
Diese zu finden ist nicht einfach: Wer Salafist ist und wer nicht, lässt
sich auf den ersten Blick nicht erkennen. Denn sie müssen nicht
unbedingt Kaftan und Kopftuch tragen. "Ich warne davor, anhand von
Kleidung vorschnelle Schlüsse zu ziehen", sagt der Islamwissenschaftler
Hazim Fouad, der für den Bremer Verfassungsschutz arbeitet.
Viele junge Salafisten ziehen statt traditioneller Kleidung Militärhosen
an und setzen Baseballkappen auf. Auch beim Anwerben neuer Anhänger
gehen die Salafisten subtil vor. Dass sie auf dem Schulhof Koranausgaben
oder Broschüren verteilen, kommt nur vereinzelt vor.
"Es gibt kaum klassische Rekrutierung", erklärt der Bremer
Religionspädagoge André Taubert. Er hilft beim bundesweiten
Beratungsnetzwerk Kitab Eltern, deren Kinder in die Fänge von Islamisten
geraten sind. Die Rekrutierung passiere vielmehr unterschwellig in
Gesprächen mit Freunden oder Mitschülern.
Welche Schüler gefährdet sind, lässt sich schwer vorhersagen. "Die
betroffenen Jugendlichen kommen aus allen Gesellschafts- und
Bildungsschichten", sagt Taubert. Viele von ihnen wollen die Welt
verbessern, suchen nach Anerkennung, Macht oder Zugehörigkeit. All das
finden sie bei den Salafisten, die einen rückwärtsgewandten Islam
vertreten und teilweise gewaltbereit und demokratiefeindlich sind.
Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) stellt zwar fest: "Wir haben
in Bremen bis jetzt keine offensichtlichen dschihadistischen
Anwerbeversuche." Trotzdem beobachtet der Verfassungsschutz die
salafistische Szene in Bremen genau, zu der sie 360 der rund 40.000
Muslime im kleinsten Bundesland zählt.
An den Schulen sieht Quante-Brandt Handlungsbedarf: "Die Schule ist der
Ort, wo sich alles kristallisiert." Die Bürgerkriege im Irak und in
Syrien sowie Spannungen zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen im
Nahen Osten helfen islamistischen Minderheiten wie den Salafisten nicht
nur dabei, Anhänger zu mobilisieren. Die Konflikte machen auch vor den
Schulen nicht halt.
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