Auch in Zeiten, in denen es um religiös begründete Gewalt geht,
sollten wir aufpassen, dass wir die Kirche im Dorf lassen. Langsam
schleicht sich eine Intoleranz in die Debatten im Land, die nicht mehr
erträglich ist. Beim jüngsten Beispiel dafür steht leider eine Sendung
im Zentrum, die ich einmal sehr schätzte: Die Heute-Show mit Oliver
Welke im ZDF. Sie schürt ein gefährliches Feuer, fürchte ich. Und sie
ist dabei auch nicht allein. Die Spaltung in der Bevölkerung sitzt tief.
Und viele Medien arbeiten daran, den Spalt zu vertiefen.
Ich kann nur jedem empfehlen, die Sendung Heute-Show vom Freitag, 20.
November in der Mediathek des Fernsehsenders anzuschauen und darin den
letzten Beitrag, in dem Ralf Kabelka von der Heute-Show eine
AfD-Demonstration in Berlin besucht und einige Teilnehmer interviewt.
Anschließend sollte man dies mit dem vergleichen, was darüber in
mehreren Zeitungen stand, zum Beispiel in der Welt, aber auch im Stern oder etwa in der Huffington Post.
Die Kollegen haben offenbar eine andere Heute-Show gesehen als ich.
Angeblich stand Kabelka kurz davor, verprügelt zu werden. Man urteile
selbst. In den Links kann man auch andere Szenen verfolgen, die das ZDF
schon vor Freitag ins Netz stellte, die sich – nach meiem Dafürhalten –
davon allerdings wenig unterscheiden.
Was ist geschehen? 5000 AfD-Anhänger demonstrieren durch Berlin.
Kabelka, im Clown-Kostüm verkleidet, begleitet den Aufzug, pflückt sich
einzelne AfD-Demonstranten heraus, fragt sie, ob das hier ein
Karneval-Umzug sei, man sei ja schließlich in der fünften Jahreszeit.
Weiter provoziert er diesen und jenen unter dem Deckmäntelchen des
Humors, mit zurechtgelegten Sprüchlein. Haha, war die Devise. Natürlich
bekam er kaum schlagfertige Antworten, humorvolle auch nicht. Ernsthafte
um so mehr, wütende, man wollte sich nicht auf seine Ebene einlassen.
Es war schließlich auch niemand vorbereitet auf den Clown, woher auch?
Grund für ihn – und die Kollegen –, den Demonstranten nicht nur
mangelnden Humor vorzuwerfen, sondern auch die Unfähigkeit, zwischen
Satire und politischer Anmache zu unterscheiden. Zwischen den Zeilen:
Keine Intellektualität eben, Dumpfbackigkeit, war ja sowieso klar.
„Lügenpresse“ schallen die Rufe im Hintergrund, was will man mehr.
Jemand pflückt Kabelka seine Clown-Perücke vom Kopf und will
veschwinden, er hält diesen Mann am Hemdsärmel fest, zerrt daran, der
wehrt sich, indem er Kabelka schubst. Nicht an einen Mast, wie es
geschrieben steht, sondern an einem Mast vorbei. Sofort ist ein Ordner
da, es eskaliert sowieso nicht weiter. Dann war da noch die Sache mit
dem Mikrofon, das Kabelka – wie es bei der Heute Show üblich ist –
reichlich distanzlos einem Demonstranten eher gegen als unter die Nase
hält. Was der damit beantwortet, dass er das Mikro in Richtung Kabelkas
Nase schickt. Und dann noch ein kleiner Rempler, der Kabelka von einem
Vorübergehenden gespielt versehentlich verpasst wird, was der ZDF-Mann
immerhin halb spaßig aufnimmt.
Fast verprügelt worden?
In dem Zusammenhang sind zwei Sätze schon bemerkenswert, die Kabelka
laut und deutlich ins Mikrofon sagte, die aber in der Berichterstattung
völlig untergingen (warum eigentlich?). Die Demonstration war – wie
üblich – von mehreren Gegendemonstrationen begleitet worden. Darauf wies
ihn ein AfDler hin, und rang dem Heute-Show-Mann auf Antrag doch
tatsächlich diesen Satz, quasi als erbetenes Bekenntnis, ab: „Da hinten
sind welche, die sind gewalttätig und intolerant, weil sie euch ein paar
auf die Fresse hauen wollen“. Ohne Unterbrechung und ungebeten fügte
Kabelka nun aber hinzu: „Und ich finde, die Jungs haben Recht“.
Nachzuhören etwa bei Minute 34:40 im Heute-Show-Beitrag.
Diese Sätze fanden übrigens tosenden Beifall beim Publikum der
Heute-Show. Das ist nicht nur bemerkenswert, das ist beängstigend. „Ein
paar auf die Fresse“, jawoll. Selten so gelacht. Das ist Satire.
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