Von Fred Alan Medforth
Da den antisemitischen Zeitgenossen das östliche ‚Gegengift‘ gegen die Juden mit Indien abhanden gekommen ist, weil dieses (von den indischen Muslimen mal abgesehen) zu philosemitisch ist und Tibet nicht attraktiv genug ist, weil zu schwach, und Chinas starke Hand es am Wickel hat, bleibt nur die islamische Welt und die Muslime selbst, die ihren judenhassenden Vernichtungswillen tagtäglich äußern und auch praktizieren. Mit Ihrem gewaltigen Bevölkerungswachstum und mit den Milliarden von muslimischen Erdöl-Dynastien sind diese ein erfolgversprechender Bündnisgenosse, mit dem das angestrebte Ziel, das die deutschen Nationalsozialisten nicht endgültig erreichten, die restlose Vernichtung aller Juden, doch noch zu schaffen ist. Der Hass auf die Juden ist dabei grösser als der Wunsch das eigene Leben und das was an Kunst, an historischer Bausubstanz, eben all das was an die eigenen zivilisatorischen Wurzeln erinnert, zu erhalten. Der Antisemitismus der Islamophilen, der sich zum Beispiel in der aktuellen Flüchtlingsdebatte offenbart, hat nicht von ungefähr Züge des von der NS-Propaganda ausgerufenen „Kampfes bis zum letzten Blutstropfen“ der letzten Kriegstage mit der sich abzeichnenden Niederlage von Nazi-Deutschland. Und mit den Juden muss in den Augen dieser Zivilisationsfeinde alles zerstört werden, was mit dem Judentum verwandt ist: die westliche Zivilisation und damit auch das Individuum selbst, der technische Fortschritt, die Kunstwerke, die Meinungsfreiheit und die Ironie.Das Moment aber, in dem der Antisemitismus sich explizit mit dem Vorherrschen einer Religion des Todes verband, als ‘Form der Frömmigkeit’, die’innerlich’ mit dem modernen Germanen-
tum übereinstimmt, entsprach dem Überwiegen einer beson-
deren Bedeutung dessen, was Th. Mann als den “heimlichen
Orientalismus Deutschlands”” bezeichnete. Die Flucht,
oder geradezu mystische Pilgerschaft in den Orient gab zu
mehr oder weniger oberflächlichen soziologischen Beurtei-
lungen der Kultur der 60er Jahre Anlaß, als ein plötzlicher
Anstieg der Reisen junger oder weniger junger westlicher
Menschen nach Indien oder Nepal sich abzeichnete, der si-
cher das Herz vieler Deutscher von gestern und vorgestern
erwärmt hätte. Nicht nur das von Hermann Hesse, der im
übrigen bei dieser Gelegenheit wieder zu einem höchst ak-
tuellen Autor wurde, sondern auch die Herzen älterer Ver-
fechter einer Mystik des 18. und 19. Jahrhunderts, die für ei-
ne ‘Frömmigkeit’ kämpften, welche ‘innerlich’ den Deut-
schen entspräche, wobei der Deutsche häufig als Prototyp
des Europäers schlechthin galt. Hier beziehen wir uns nicht
auf den Orientalismus Schopenhauers, der in der religiös-
philosophischen Kultur Indiens einen Spiegel seiner eigenen
Reflexionen fand und an dessen Philosophie Th. Mann
hauptsächlich gedacht hatte. ‘Wir beziehen uns vor allem auf
den christlichen Orientalismus, der einen großen Teil des
deutschen Pietismus im 18. Jahrhundert bestimmte und der
in die heterogene Zusammensetzung des mystischen Appara-
tes der Heiligen Allianz einging. ” In diesen Bereichen bedeutete Orientalismus die Anerkennung einer orientalisch-asiatischen Matrix des Christentums, die Faszination des – Nahen – Ostens als eines Ortes mystischer Offenbarungen und
Weisheiten, an den man zurückkehren mußte, um den Ur-
sprung christlicher ‘Geheimnisse’ zu entdecken. Eine Faszi-
nation schließlich, die sowohl von dem östlichen griechisch-
orthodoxen Christentum als auch sogar von dem Judentum
ausging, durch die beide geistigen Traditionen als dem ur-
sprünglichen Licht noch näher stehend gesehen wurden.
Man beachte aber, daß Jung-Stilling, vielleicht der radikalste
Apologet der Notwendigkeit einer pietistisch geprägten
Rückkehr in den Orient, einer erneuten Präsenz der Juden
im gelobten Land und einer Wiedererrichtung des Tempels
zu Jerusalem -, daß eben Jung-Stilling die Juden als “ganz
sittenlos und verdorben”‘ beurteilte.
‘Wie zahlreiche Okkultisten und Theosophen seiner Zeit,
des ausgehenden 18. Jahrhunderts, der Ära Napoleons,
glaubte Jung-Stilling über Informationen und Lehren einer
phantasmagorischen jüdischen Geheimzentrale zu verfügen,
die das genaue Gegenstück im Positiven zu der von den Proto-
kollen der Weisen von Zion „enthüllten“ sogenannten jüdi-
schen Verschwörung ist. Diese Zentrale sandte angeblich ih-
re Emissäre in ganz Europa aus, um die Auserwählten zu er-
leuchten und, ganz allgemein, um die Fäden der Geschichte
zu knüpfen.1)
Eine unmittelbar bevorstehende konkrete Bedrohung aber konnte die geheime ‚Verschwörung’ der Juden darstellen: die Juden, obwohl “ganz sittenlos und verdorben” und aller positiiven menschlichen QuaIitäten bar – blutsaugende und korrumpierende Untermenschen -, waren doch Träger von okkulten Fähigkeiten und Kräften, die negativ und lebensgefährlich walten könnten.
Wollen wir einmal annehmen, das sei richtig – wagen wir
doch nicht über diese Hypothese hinauszugehen, angesichts
der Schwierigkeit heute Zeugnisse der nationalsozialisti-
schen Esoterik ausfindig zu machen, vorausgesetzt sie existie-
ren noch, wie teilweise angenommen wird. Annahmen die-
ser Art wurden vor allem von denen formuliert, die sich mit
der Verfolgung jener Nationalsozialisten befassen, denen es
gelang beim Fall des Dritten Reichs unterzutauchen. Man
weiß, daß die Dokumente des Ahnenerbes , des Instituts für
das Studium und die Erhaltung des germanischen Erbes, hät_
ten vernichtet werden sollen, ihre vollständige Beseitigung
aber nicht gelang. Prof. August Hirt, der Leiter des Instituts für
Anatomie der Universität von Sraßburg und der Koordi-
nator der medizinischen Experimente des Ahnenerbes an La-
gerhäftlingen, isrt verschwunden. Weitere Hinweise könnte
man im Material des Archivs von F. Hielscher finden, das zur
Zeit nicht zugänglich ist, außer möglicherweise für Gleichge
sinnte. Hielscher ist der Gründer des Ahnenerbes, er selber
trat bei den Nürnberger Prozessen nur als Zeuge, nicht als
Angeklagter auf.
Falls unsere Hypothese richtig ist, sind die zitierten.Worte
aus Hitlers politischem Testament, diese noch im letzten Au-
genblick vorgebrachten Anklagen gegen die Juden, die den
Krieg verschuldet hätten, als eine späte Variante der sogenann-
ten ‘Blutsbeschuldigung’, der alten Überzeugung, die Juden
praktizierten Menschenopfer, zu verstehen: der II. Weltkrieg
wäre dann das letzte und qualitativ höchste Menschenopfer,
das die Juden heimlich organisiert haben. Die Ausrottung der
Juden wäre in dieser Perspektive eine defensive Replik und das
Ritual der Macht von magisch nicht befähigten Menschen, die
versucht haben zu lernen, wie man Vampire tötet, und zwar
notwendigerweise auf rituellem Weg: mit Äquivalenten des
Eschenpfahls, der für das Herz des Vampirs bestimmt ist, u.ä.;
denn wer mit geheimen Kräften verkehrt, kann nur mit esote-
rischen Techniken vernichtet werden. Dieser Versuch, sich
defensive Techniken anzueignen, müßte dann mit dem spezi-
fischen und nachgewiesenen “heimlichen Orientalismus
Deutschlands” im Dritten Reich in Zusammenhang gesehen
werden: es handelt sich um die Suche nach einem Orient, der
östlicher als derjenige der Juden liegt. Es geht um die national-
sozialistische Besessenheit, mit dem angeblichen geheimen
Herzen des Fernen Ostens, dem Tibet, einen ‘Wissensaus-
tausch und eine Allianz herzustellen und möglicherweise ein
Gegengift gegen die ‘östliche’ Bedrohung durch die jüdische
Esoterik zu finden.2)
In den Augen dieser, meist sich selbst als „Anti-Rassisten“ deklarierenden Antisemiten, muss der Muslim, aktuell der muslimische „Flüchtling“ als eine Art van Helsing erscheinen, der den Eschenpfahl in das Herz des Juden rammt.
1) Jesi, Furio: Kultur von rechts / Aus d. Ital. Von Cettina Rapisarda und Margherita Gigliotti. – Basel; Frankfurt am Main: Stroemfeld / Roter Stern, 1984 S. 66 – 67
2) ebda. S. 70 – 71
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